Die umfassenden Gesetzesänderungen im Energiewirtschaftsrecht, die die Bundesregierung für diese Legislaturperiode plant, betreffen auch das Fördersystem des Erneuerbaren Energien Gesetzes (EEG[1]). Mit dem Legal Update vom 29. Juli 2025 haben wir bereits eine Übersicht über die aktuellen Vorhaben gegeben.
Die EEG-Reform, als eine der prominentesten Bestrebungen in der Energiewirtschaft und damit auch in der Energiepolitik, ist wegweisend für die Herausforderungen der Energiewende: Es gilt die den Anteil erneuerbarer Energien am Stromverbrauch auszubauen, dabei gleichzeitig technische und ökologische Besonderheiten der Eigenversorgung zu berücksichtigen, um Marktverzerrungen zu vermeiden und schließlich die Kostenlast bei Verbrauchern zu senken.
In diesem Beitrag beleuchten wir die Ausgangslage, den rechtlichen Rahmen, sowie die verschiedenen Gestaltungsvarianten der anstehenden EEG-Reform.
Das EEG-Förderregime: Eine Erfolgsstory
Die Geschichte der EEG-Förderung darf bis dato als großer Erfolg bezeichnet werden. Das weltweit erste Einspeisegesetz für Strom aus erneuerbaren Energien machte Deutschland lange Zeit zu einem Vorreiter im Bereich grüner Stromproduktion. Der Anteil der erneuerbaren Energien am Bruttostromverbrauch hat sich in den 25 Jahren seit Inkrafttreten des EEG verzehnfacht, ebenso wie die installierte Leistung – ohne die EEG-Förderung undenkbar.
Zuletzt wurde vor über zehn Jahren das Fördersystem im EEG 2012 und EEG 2014 mit dem Wechsel von der Einspeisevergütung zur Direktvermarktung mit Marktprämie grundlegend reformiert. Zwischenzeitlich wurden mit dem EEG 2017 Ausschreibungen eingeführt, und der Hochlauf und Ausbau der erneuerbaren Technologien ist weiter fortgeschritten.
Nicht nur die geänderte Ausbau- und Marktlage, sondern auch neues EU-Recht machen nun eine Reform des EEG-Fördersystems erforderlich.
Ausgangslage auf dem Markt
Inzwischen sind so viele Photovoltaik- und Windkraftanlagen am Netz, dass bei starkem Sonnenschein oder Wind teilweise negative Strompreise auftreten, wenn alle Anlagen gleichzeitig einspeisen. Dies mindert die Wirtschaftlichkeit der Anlagen. Gleichzeitig stößt das Netz an seine Grenzen, denn dessen Ausbau hinkt hinterher. Umgekehrt nehmen Stromproduzenten bei hohen Marktpreisen erhebliche Gewinne mit, während sie bei niedrigen Preisen durch die Förderung abgesichert sind. Die unzureichende zeitliche Verzahnung der Marktprämie und der tatsächlichen Marktpreise kann bei unerwarteten Entwicklungen außerdem zu marktlichen Fehlanreizen führen.
Schließlich stieg der Finanzierungsbedarf für die Förderung lange Zeit, zuletzt 2024. Die endgültige Abschaffung der EEG-Umlage im Jahr 2023 hat die direkte Belastung der Stromkunden zwar gemindert. Nun werden die Kosten jedoch mittelbar vom Steuerzahler getragen, da die Finanzierung durch das Sondervermögen des Klima- und Transformationsfonds (KTF) erfolgt. Aus diesen Gründen ist eine weitere Anpassung des Fördersystems erforderlich.
Vorgaben aus dem EU-Recht
Die EU hat diesem Erfordernis mit Schaffung des Art. 19d der EU-Elektrizitätsbinnenmarktverordnung 2019/943 (EBM-VO) Rechnung getragen. Danach müssen direkte Preisstützungssysteme für Investitionen in neue Anlagen zur Stromerzeugung die Form zweiseitiger Differenzverträge oder gleichwertiger Systeme aufweisen. Erfasst sind mit Wind-, Solar-, geothermischer Energie und Wasserkraft ohne Speicher nahezu alle erneuerbaren Energien – kurioserweise zusätzlich die Kernenergie.
Übertragen auf die EEG-Förderung bedeutet das, dass Anlagenbetreiber nicht nur die Differenz zwischen anzulegendem Wert und niedrigerem Marktpreis erhalten, sondern – quasi umgekehrt – bei einem höheren Marktpreis die Differenz ihrerseits zahlen müssen. Daher rührt die übliche Bezeichnung Differenzvertrag bzw. Contract for Difference (CfD). Statt der bisherigen Marktprämie wird nicht nur die Differenz in positiver, sondern auch in negativer Richtung ausgeglichen – sie ist nicht einseitig, sondern zweiseitig. Die bei hohen Marktpreisen generierten Zahlungen der Anlagenbetreiber sollen vollständig Verbrauchern zugutekommen. Gleichzeitig wäre eine Absicherung der Anlagenbetreiber weiterhin sichergestellt.
Diese Vorgaben müssen in Deutschland ab dem 17. Juli 2027 auf neue Anlagen Anwendung finden. Ohnehin läuft die beihilfenrechtliche Genehmigung für das momentane EEG-Fördersystem am 31. Dezember 2026 aus. Angesichts der langsamen Mühlen des Gesetzgebers bleibt also nicht viel Zeit.
Verschiedene Umsetzungsvarianten
Dennoch gibt es hierzu noch keine Gesetzesentwürfe, aber zahlreiche Veröffentlichungen und Studien von Thinktanks und Stakeholdern sowie der Regierung selbst. Diese werden das zukünftige EEG-Design als konzeptionelle Grundlage erheblich beeinflussen. Die verschiedenen Gestaltungsvarianten haben wir im Folgenden skizziert:
1. Produktionsabhängige Modelle
Die produktionsabhängigen Modelle haben gemein, dass zur Berechnung des Rückzahlungsbetrages auf die tatsächlich erzeugte Energie abgestellt wird. Sie bedeuten im Wesentlichen eine weniger umfassende Weiterentwicklung der gleitenden Marktprämie.
a) Zweiseitiger CfD mit Marktwertkorridor
Es gibt zwei Grenzwerte, die einen Korridor bilden. Die Differenz des Marktpreises zur unteren Grenze (floor) gleicht der Staat wie bisher schon durch Förderzahlungen aus. Liegt der Marktpreis zwischen den beiden Grenzen, also innerhalb des Korridors, erhält der Anlagenbetreiber keine Förderung. Liegt der Marktpreis über der oberen Grenze (cap), zahlt er den übersteigenden Betrag an den Staat.
b) Zweiseitiger CfD
Statt eines Korridors gibt es in diesem Modell lediglich einen Grenzwert. Liegt der Marktpreis darunter, zahlt der Staat die Differenz an den Anlagenbetreiber. Liegt der Marktpreis darüber, zahlt der Anlagenbetreiber die Differenz an den Staat.
2. Produktionsunabhängige Modelle
Bei den produktionsunabhängigen Modellen werden statt der tatsächlichen Produktion der Anlage andere Werte in Bezug genommen, wie etwa die Produktion einer (fiktiven) Referenzanlage oder die installierte Leistung der Anlage.
a) Zweiseitiger CfD
In diesem Modell wird – wie in 1) b) – die Differenz zwischen Marktwert und anzulegendem Wert je nach Höhe des Marktwertes entweder vom Anlagenbetreiber oder vom Staat ausgeglichen. Der Marktwert berechnet sich jedoch nicht nach dem tatsächlich eingespeisten Strom, sondern nach dem Einspeisungs- bzw. Produktionspotenzial.
b) Kapazitätszahlungen mit Refinanzierungsbeitrag
Der Anlagenbetreiber erhält zunächst einen (zeitlich gestreckten) festen Geldbetrag für jede kW installierter Leistung der Anlage. Der Refinanzierungsbeitrag kann verschiedentlich ausgestaltet werden, etwa wie in a).
Ob und inwieweit die am Ende gewählte Umsetzung die EU-Vorgaben erfüllt, lässt sich erst bei einer konkreten Regelung beurteilen. Die zweiseitigen Differenzverträge sind jedenfalls in Art. 2 Nr. 76 EBM-VO definiert, und bieten so einen verlässlichen Orientierungspunkt – auch für die „gleichwertigen Systeme“.
Verhältnis zum Kapazitätsmarkt
Wie diese umfassende EEG-Neuerung mit dem anderen großen Reformprojekt des Kapazitätsmarktes abgestimmt wird, ist ebenso offen wie die konkrete Ausgestaltung beider Systeme. Der Kapazitätsmarkt ist ein marktbasiertes System, das die Verfügbarkeit von Stromerzeugungsanlagen auch bei Dunkelflauten oder besonders hoher Nachfrage sicherstellen soll. Zu diesem Zweck fördert es Kraftwerke für ihre Bereitschaftskapazität, nicht für ihre tatsächliche Erzeugungsmenge. Dieser Gedanke liegt etwa auch dem obigen Modell 2) b) zugrunde.
Es wird also zu Wechselwirkungen oder gar Überschneidungen kommen. Wieweit genau, hängt abermals vom konkreten Design ab – diesmal eben beider Systeme. Beide gemeinsam dürften jedenfalls eine kleine Revolution im deutschen Strommarktdesign begründen.
Fazit
Die neue Bundesregierung hat nun also anderthalb Jahre Zeit, ein neues Fördersystem für EE-Anlagen zu konzipieren, es von der EU-Kommission genehmigen zu lassen und einzuführen, und die Erfolgsgeschichte des EEG fortzuschreiben.
Auch wenn dabei die unionsrechtlichen Vorgaben eingehalten werden müssen, kommt den Mitgleidstaaten ein großer Spielraum zu.
Unabhängig davon, für welche der Varianten sich die neue Bundesregierung entscheiden wird – fest steht schon jetzt: Es steht ein signifikater Umbruch in der Förderung erneuerbarer Energien an, der erhebliche Auswirkungen auf die ökonomischen Rahmenbedingungen und Finanzierung von EE-Anlagen haben wird.
Für weitere Informationen stehen wir Ihnen jederzeit zur Verfügung –wir unterstützen und beraten Sie gern!
[1] Ohne Angabe ist das EEG in seiner derzeitig gültigen Fassung („EEG 2023“) gemeint.