Eckpunktepapier für ein Berliner Mietengesetz: Berliner Senat beschließt „Mietendeckel“

Berlin, 25.06.2019

Mit dem Beschluss von Eckpunkten zum sogenannten „Mietendeckel“ vom 18. Juni 2019 bereitet der Berliner Senat die Verabschiedung eines Berliner Mietengesetzes vor. Das Gesetz soll im Januar 2020 in Kraft treten, die Rechtswirkungen des Gesetzes gleichwohl rückwirkend schon ab dem 18. Juni 2019 gelten. Vom Anwendungsbereich des Gesetzes wären rund 1,5 Mio. Berliner Mietwohnungen betroffen.

Wesentliche Inhalte des Eckpunktepapiers

Aus dem Eckpunktebeschluss ergeben sich die wesentliche Inhalte des geplanten Gesetzes. Der beschlossene „Mietendeckel“ sieht ein Mietenmoratorium wie folgt vor:

Mieterhöhungsstopp und Mietobergrenze

  • Die Berliner Mieten dürfen innerhalb eines Zeitraums von fünf Jahren nicht erhöht werden. Die Bestandsmieten werden für diesen Zeitraum auf den Stand zum Zeitpunkt der Beschlussfassung des Eckpunktepapiers am 18. Juni 2019 gedeckelt.
  • Darüber hinaus soll eine Mietobergrenze eingeführt werden, die auch für bereits bestehende Mietverträge gelten soll. Die konkrete Ermittlung der zulässigen Mietobergrenze wird noch im Gesetzgebungsverfahren festgelegt. Der Berliner Senat beabsichtigt die Mieten zu dem Zeitpunkt einzufrieren, an dem noch keine “Schieflage” auf dem Berliner Wohnungsmarkt bestand. Vorgeschlagen wird das Jahr 2014.
  • Bei der Zweitvermietung von Wohnungen darf höchstens die zuletzt vereinbarte Miethöhe aus einem vorherigen Mietverhältnis verlangt werden. Diese darf darüber hinaus nicht die noch festzulegende Mietobergrenze überschreiten.
  • Die Mieter können eine Überprüfung der Miethöhe beantragen. Überhöhte Mieten sollen auf Antrag des Mieters auf die zulässige Mietobergrenze reduziert werden können.
  • In wirtschaftlichen Härtefällen, namentlich bei Nachweis einer wirtschaftlichen Unterdeckung, können abweichende Miethöhen auf Antrag des Vermieters bei der IBB geprüft und durch die für Wohnen zuständige Senatsverwaltung genehmigt werden. Wohnberechtigungsscheinberechtigte Mieter sollen hierfür möglicherweise einen finanziellen Ausgleich erhalten; Einzelheiten sind dem Gesetzgebungsverfahren vorbehalten.

Modernisierungsumlagen

  • Modernisierungsumlagen sollen begrenzt und diesbezügliche Genehmigungs- und Anzeigepflichten für Vermieter gegenüber der Investitionsbank Berlin (IBB) begründet werden. Anzeigepflichtig sollen alle Modernisierungsumlagen sein, die eine Steigerung der Bruttowarmmiete von nicht mehr als EUR 0,50 pro Quadratmeter monatlich bewirken.
  • Energetische Sanierungen können genehmigungsfrei erfolgen, soweit Mieterhöhungen der voraussichtlich bewirkten Betriebskostenersparnis entsprechen. Für den Nachweis der Einsparungen ist eine Sachverständigenbeurteilung bei der IBB vorzulegen.
  • Nicht energetische Modernisierungen ohne Betriebskosteneinsparung sind bei Anzeige umlagefähig, wenn die Mieterhöhung nicht über EUR 0,50 pro Quadratmeter monatlich liegt.
  • Weitergehende Mieterhöhungen wegen Modernisierung bedürfen einer Genehmigung. Ausschlaggebend für die Erteilung der Genehmigung sind die Unabweisbarkeit und Angemessenheit der Kosten sowie die Auswirkungen auf die Miethöhe. Genehmigungen sind etwa zu er-teilen, wenn energetische Maßnahmen gesetzlich vorgeschrieben sind, barrierefreies Wohnen ermöglich wird oder Altbauten eine standardgemäße Ausstattung erhalten. Erleichterungen kommen bei einer Inanspruchnahme einzelner Förderungen in Betracht. Noch im Gesetzgebungsverfahren berücksichtigt werden sollen innovative Sanierungsmodelle.

Überwachung und Sanktionen

  • Die zur Mietpreisprüfung bestimmten Stellen werden die Einhaltung der gesetzlichen Anforderungen überwachen. Erforderliche Maßnahmen können getroffen werden, beispielsweise Auskunfts- und Nachweis- oder Untersagungsverfügungen gegenüber Vermietern angeordnet werden.
  • Verstöße gegen das Berliner Mietengesetz sollen als Ordnungswidrigkeit behandelt werden und mit einem Ordnungsgeld von bis zu EUR 500.000,00 geahndet werden können. Mieter können vermutete Verstöße der Vermieter bei den Bezirksämtern anzeigen.

Anwendungsbereich

Der Mietendeckel soll auf bestehende Mietverhältnisse für nicht preisgebundene Mietwohnungen in Mehrfamilienhäusern Anwendung finden.

Nicht von der Regelung betroffen sind demgegenüber grundsätzlich Erstvermietungen in Neubauwohnungen, möglicherweise ab dem Jahr 2014. Ausgenommen sind ebenfalls preisgebundene Wohnungen des sozialen Wohnungsbaus. 

Noch ungeklärt ist, ab welchem Zeitpunkt der Mietendeckel Rechtswirkungen entfaltet. Bei extensiver Anwendung könnte das Berliner Mietengesetz alle Mieterhöhungsverlangen erfassen, denen die Mieter bis zum Beschluss des Eckpunktepapiers vom 18. Juni 2019 noch nicht zugestimmt haben. Weiterhin soll das Gesetz auch für alle vor dem 18. Juni 2019 vereinbarten Staffel- und Indexmieten gelten.

Verfassungsrechtliche Diskussion

Die Regelungen des Eckpunktepapiers sind in verfassungsrechtlicher Sicht sehr umstritten. Dies gilt insbesondere für die Gesetzgebungskompetenz des Landes Berlin für eine Begrenzung der Mietenhöhe. Für das bürgerliche Mietrecht ist der Bund als Gesetzgeber zuständig. Auf diese Kompetenz stützt sich auch die „Mietpreisbremse“ des § 556d Abs. 1 BGB. Der Berliner Senat beabsichtigt, den „Mietendeckel“ auf die Landeskompetenz für die Regelung des Wohnungswesens zu stützen. Das Land Berlin wäre das bisher einzige Bundesland mit einer entsprechenden Regelung.

Weiterhin ist der Mietendeckel mit Blick auf das Eigentumsgrundrecht der Vermieter in Art. 14 Abs. 1 GG sowie Art. 23 Berliner Landesverfassung, die Vertragsfreiheit, die Berufsfreiheit und den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz kontroversen verfassungsrechtlichen Diskussionen ausgesetzt.

Die Rückverlagerung des Geltungsbeginns auf einen Zeitpunkt vor Beschluss des Gesetzes ist verfassungsrechtlich ebenfalls von Bedeutung. Eine Rückbewirkung von Rechtsfolgen unterliegt engen Ausnahmevoraussetzungen.

Ausblick

Es ist damit zu rechnen, dass sowohl die Verfassungskonformität als auch die praktische Anwendung des geplanten Gesetzes zu umfangreichen Rechtsstreitigkeiten führen werden. Im Verhältnis von Vermietern und Mietern steht der ordentliche Rechtsweg zu den Zivilgerichten offen. Werden von den zuständigen Behörden Genehmigungen verweigert oder Bußgelder verhängt, kann hiergegen vor dem Verwaltungsgericht bzw. Amtsgericht vorgegangen werden. Ob das in Aussicht gestellte Berliner Mietengesetz Bestand haben wird, wird am Ende voraussichtlich die Verfassungsgerichtsbarkeit klären müssen. Bereits heute ist Vermietern zu empfehlen, ihr beabsichtigtes Vorgehen unter Einbindung rechtlicher Berater kurzfristig und für die Zukunft abzustimmen.

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