Das Bundeskabinett hat am 06. August 2025 den Gesetzentwurf des BMWE zu dem „Gesetz zur Änderung des Energiewirtschaftsrechts zur Stärkung des Verbraucherschutzes im Energiebereich sowie zur Änderung weiterer energierechtlicher Vorschriften“ (BR-Drs. 383/25) beschlossen (Legal Update EnWG Novelle 2025). Dieser sieht erstmals eine konkrete Erstattungsregelung in § 17k EnWG-RegE für Entschädigungszahlungen bei Störungen oder Verzögerungen bei der Errichtung grenzüberschreitender Offshore-Anbindungsleitungen für Windenergieanlagen auf See vor und integriert hierfür zentrale Begriffe in § 3 EnWG-RegE.
Keine Kooperation ohne Haftung
Die Anbindung von Offshore-Windparks in Nachbarstaaten an das deutsche Übertragungsnetz kann zur Erhöhung der Vollbenutzungsstunden durch die Erschließung von besonders ertragsreichen Flächen, der Senkung der Stromerzeugungskosten und der Erhöhung der Versorgungssicherheit beitragen.
Insbesondere die Niederlande und Dänemark verfügen über besonders ertragsreiche
Offshore-Flächen.
Der Anschluss dieser Flächen an das deutsche Übertragungsnetz erhöht daher die durchschnittlichen Vollbenutzungsstunden. Zudem senkt dies die Stromerzeugungskosten, da die effizientere Energieausbeute auf diesen Flächen zu geringeren Investitionskosten je erzeugter Megawattstunde (MWh) führt.
Die neue Vorschrift des § 17k EnWG-RegE ist entscheidend, um Investitionen der Übertragungsnetzbetreiber (ÜNB) in grenzüberschreitende Offshore-Vorhaben zu ermöglichen. Ein zentrales Hemmnis war bislang vor allem die ungeklärte Haftungsfrage. Denn im Rahmen solcher Kooperationsprojekte können ÜNB auf Grundlage von Kooperationsvereinbarungen verpflichtet sein, gegenüber ausländischen Partnern oder Projektbeteiligten für eine gestörte, verzögert fertiggestellte oder in Wartung befindliche Netzanbindung die Haftung zu übernehmen. Wenn sich die Offshore-Anbindungsleitung jedoch nicht auf deutschem Hoheitsgebiet befindet, ist eine Refinanzierung der Entschädigungszahlung für den ÜNB nach derzeit geltendem Recht nicht möglich.
Damit sichergestellt ist, dass Kosten für Entschädigungszahlungen, zu denen sich ein deutscher ÜNB im Rahmen eines internationalen Offshore-Kooperationsprojekts verpflichtet, grundsätzlich über die Offshore-Netzumlage auf den Letztverbraucher gewälzt werden können, müssen die bestehenden Regelungen der §§ 17d ff. EnWG entsprechend ergänzt werden.
Besonders deutlich wird das am Beispiel der Bornholm Energy Island – einer Verbindung von Offshore-Windparks (OWP) in Dänemark an das deutsche und dänische Netz. Geplant ist der Aufbau eines ersten hybriden Offshore-Interkonnektors, der 2 GW Strom nach Deutschland und 1,2 GW nach Dänemark einspeist. Hierfür hat die Europäische Kommission bereits 645 Millionen Euro aus dem Programm Connecting Europe Facility (CEF) bewilligt.
Obwohl das Vorhaben bereits seit 2023 in einem rechtsverbindlichen Kooperationsabkommen vereinbart und im Netzentwicklungsplan enthalten ist, wurde dieses bislang nicht umgesetzt. Der Grund: Eine gesetzliche Regelung zur Umlage der Investitionskosten fehlte auf deutscher Seite, wodurch eine wirtschaftlich tragfähige Beteiligung der deutschen ÜNB nicht möglich war.
Außerdem steht die Regelung im Kontext der seit Mai 2022 stattfindenden Nordsee-Gipfel. Die Nordsee-Energiekooperation (NSEC) bestehend aus Belgien, Dänemark, Deutschland, der Niederlande, Frankreich, dem Vereinigten Königreich, Irland, Norwegen und Luxemburg strebt an, ihre kombinierte Offshore-Stromerzeugungskapazität bis zum Jahr 2050 kosteneffizient auf 150 GW auszubauen und so die Nordsee zum „grünen Kraftwerk Europas“ zu entwickeln.
Im Koalitionsvertrag von CDU/CSU und SPD hatte die Bundesregierung zudem die
Errichtung des ersten hybriden Offshore-Netzanschlusses bzw. Interkonnektors explizit angekündigt.
Die neue Regelung des § 17k EnWG-RegE soll zur Umsetzung dieser ersten grenzüberschreitenden Anbindungsprojekte beitragen. Ziel ist es, dass ÜNB in Bezug auf zu erstattende Entschädigungszahlungen an ausländische OWP nach § 17f Abs. 1 EnWG-RegE weder besser noch schlechter gestellt werden als bei vergleichbaren inländischen Anlagen im Anwendungsbereich der §§ 17e ff. EnWG.
Gegenstand der Erstattung
Das Besondere an grenzüberschreitenden Offshore-Kooperationsprojekten ist, dass die Windenergieanlagen auf See (WEA) zwar im Küstenmeer oder der ausschließlichen Wirtschaftszone (AWZ) eines Staats errichtet werden, jedoch entweder nur an das Stromversorgungsnetz eines anderen Staates (sog. radiale Projekte) oder an die Stromversorgungsnetze von zwei oder mehr Staaten gleichzeitig angeschlossen sind (sog. hybride Projekte).
Im Rahmen solcher Offshore-Kooperationsprojekte können ÜNB durch sog. Kooperationsvereinbarungen verpflichtet sein, gegenüber ausländischen Kooperationspartnern oder Projektbeteiligten für eine störungsfreie, termingerecht fertiggestellte sowie ordnungsgemäß gewartete Netzanbindung zu haften und bei Verzögerungen, Störungen oder Wartungen eine Entschädigung zu zahlen.
Eine Offshore-Kooperationsvereinbarung ist dabei eine vertragliche Vereinbarung zwischen einem ÜNB mit Regelzonenverantwortung mit anderen ÜNB, Offshore-Windparkbetreibern (OWP) oder zuständigen Stellen eines Staates oder mehrerer Staaten über die Errichtung und den Betrieb einer internationalen Offshore-Anbindungsleitung (§ 3 Nr. 83 EnWG-RegE).
Der neue § 17k EnWG-RegE soll nun gewährleisten, dass auch Kosten für Entschädigungen, zu denen sich ein deutscher ÜNB im Rahmen eines internationalen Kooperationsprojektes verpflichtet, über den Belastungsausgleich des § 17f EnWG und die Offshore-Netzumlage nach § 12 EnFG unter bestimmten Bedingungen erstattet werden können.
Voraussetzungen der Erstattung
Wesentlicher Anknüpfungspunkt für den Erstattungsanspruch aus § 17k Abs. 1 EnWG-RegE ist, dass einem ÜNB mit Regelzonenverantwortung Kosten für eine geleistete Entschädigung im Zusammenhang mit einer internationalen Offshore-Anbindungsleitung (§ 3 Nr. 60 EnWG-RegE) entstehen. Diese kann sich der ÜNB dann im Rahmen des Belastungsausgleichs nach § 17f Abs. 1 S. 1 Nr. 7 EnWG erstatten lassen.
Begriffsbestimmungen
Eine internationale Offshore-Anbindungsleitung ist nach § 3 Nr. 60 EnWG-RegE eine internationale radiale oder eine internationale hybride Offshore-Anbindungsleitung. Einer hybride Anbindungsleitung ist eine grenzüberschreitende Elektrizitätsverbindungs-leitung, die WEA sowohl an das Stromversorgungsnetz in Deutschland als auch an das Stromversorgungsnetz mindestens eines weiteren Staates anschließt, einschließlich von Leitungen und Anlagen, die diese WEA oder die Konverter des ÜNB miteinander verbinden (§ 3 Nr. 59 EnWG-RegE). Radiale Anbindungsleitung hingegen verbinden WEA außerhalb der deutschen AWZ oder des deutschen Küstenmeers ausschließlich mit dem deutschen Stromversorgungsnetz (§ 3 Nr. 62 EnWG-E).
Hiervon zu unterscheiden ist eine internationale Offshore-Verbindungsleitung, welche eine Elektrizitätsverbindungsleitung zwischen mindestens zwei Konvertern von WEA ist, die ihrerseits jeweils über eine Offshore-Anbindungsleitung an die Stromversorgungs-netze unterschiedlicher Staaten angeschlossen sind (§ 3 Nr. 61 EnWG-RegE).
Regelungsstruktur des § 17k EnWG-RegE
Während § 17k Abs. 1 EnWG-RegE Voraussetzungen für die Erstattung von Entschädigungszahlungen im Zusammenhang mit einer internationalen Offshore-Anbindungsleitung normiert, soll Abs. 2 die angestrebte Gleichbehandlung mit inländischen Fällen sicherstellen. Liegen die Voraussetzungen vor, richtet sich die Höhe der Erstattung nach Abs. 3. Abs. 4 enthält eine übergreifende Regelung dazu, unter welchen Voraussetzungen die Bundesnetzagentur (BNetzA) eine Genehmigung für die Vereinbarung einer Übernahme der Kosten für Entschädigungszahlungen erteilen soll. Abs. 5 soll gewährleisten, dass ÜNB auch für eine internationale Offshore-Anbindungsleitung eine Versicherung nach § 17h EnWG abschließen.
Voraussetzungen für die Erstattung von Entschädigungszahlungen
Erste Voraussetzung ist, dass die Entschädigungszahlungen im Zusammenhang mit einer Anbindungsleitung entstehen, die der ÜNB errichtet oder betreibt oder an deren Errichtung oder Betrieb er beteiligt ist und dass die Anbindungsleitung entweder in einem nach § 12c EnWG bestätigten Netzentwicklungsplan enthalten ist oder aus anderen Gründen eine öffentlich-rechtliche Verpflichtung des ÜNB zur Errichtung oder dem Betrieb dieser Leitung besteht.
Die zweite Voraussetzung knüpft an das Ereignis an, welches die Entschädigungspflicht begründet. Hierfür muss zum einen eine Störung, eine Verzögerung der Fertigstellung der Anbindung oder eine betriebsbedingte Wartung der internationalen Offshore-Anbindungsleitung vorliegen, die eine Einspeisung aus einer betriebsbereiten WEA verhindert. Und zum anderen muss besagte Entschädigungspflicht entweder auf den gesetzlichen Bestimmungen eines Staates, in dessen Staatsgebiet oder in dessen AWZ die WEA an die internationale Offshore-Anbindungsleitung angebunden sind oder auf einer Offshore-Kooperationsvereinbarung beruhen.
Sicherstellung der Gleichbehandlung mit inländischen Fällen
§ 17k Abs. 2 EnWG-RegE knüpft die Erstattungsfähigkeit der Kosten aufgrund der Entschädigungsleistung an die weitere Bedingung, dass entweder in einem vergleichbaren inländischen Fall gem. §§ 17e ff. EnWG ebenfalls Entschädigungszahlungen zu leisten wären oder dass die BNetzA die anzuwendenden Haftungsregelungen in der Offshore-Kooperationsvereinbarung genehmigt hat.
Mit Blick auf die Vergleichbarkeit sind nach der Intention der Bundesregierung auch radial an das deutsche Stromversorgungsnetz ange-schlossene Projekte erfasst.
Demgegenüber wird eine Vergleichbarkeit nicht dadurch ausgeschlossen, dass, sofern bei einem nationalen radialen Projekt eine Übertragung von Strom ins Versorgungsnetz ganz ausgeschlossen ist, bei Hybridprojekten der Schaden in einer geringeren Einspeisungskapazität oder eine Einspeisung nur in eine Preiszone mit niedrigerem Marktwert besteht. Nach dem Willen der Bundesregierung muss dabei jedoch eine Überkompensation ausgeschlossen werden.
Berechnung der Erstattungshöhe
Die Höhe der Erstattung richtet sich gem. § 17k Abs. 3 EnWG-ReGE entweder nach dem Anteil des ÜNB an den Anschaffungs- und Herstellungskosten für die Errichtung der internationalen Offshore-Anbindungsleitung oder – sofern die Offshore-Kooperationsvereinbarung innerhalb eines Projekts für bestimmte Teile der internationalen Offshore-Anbindungsleitung eine differenzierte Kostenteilung für deren Errichtung vorsieht – nach dieser Regelung.
In der Gesetzesbegründung werden beispielhaft eine gesondert geregelte Kostenteilung für den oder die Konverter sowie für die Leitung vom gemeinsam genutzten Konverter zum jeweiligen nationalen Stromversorgungsnetz genannt. Zu beachten ist, dass § 17k Abs. 3 Satz 3 EnWG-RegE die Wirksamkeit einer abweichenden Kostentragungsvereinbarung an eine Genehmigung der Offshore-Kooperationsvereinbarung durch die BNetzA knüpft.
Voraussetzungen für eine Genehmigung durch die BNetzA
Für die Erteilung der Genehmigung kommt der BNetzA gem. § 17k Abs. 4 EnWG-RegE ein intendiertes Ermessen zu. Auf Antrag eines ÜNB soll die BNetzA die Genehmigung erteilen, wenn die Kostenregelungen der Offshore-Kooperationsvereinbarung für den deutschen Letztverbraucher in einer Gesamtbetrachtung nicht nachteilig sind. Nachteilig meint dabei insbesondere die für den Letztverbraucher zu tragenden Kosten.
Nach dem expliziten Wortlaut der Norm bedarf es der Genehmigung durch die BNetzA, bevor der ÜNB die Offshore-Kooperationsvereinbarung abschließen darf.
Ausweislich der Gesetzesbegründung umfasst die Gesamtbetrachtung sowohl einen Vergleich der relevanten Regelungen nach oder auf Grundlage des nationalen Rechts des Kooperationsstaates beziehungsweise der Vereinbarungen zwischen den beteiligten ÜNB mit den entsprechenden deutschen Vorschriften als auch eine Bewertung der gesamten Be- und Entlastung des Projekts für die Letztverbraucher unter Berücksichtigung sämtlicher Inhalte der Offshore-Kooperationsvereinbarung.
Abschluss einer Versicherung
§ 17k Abs. 5 EnWG-RegE erweitert den Anwendungsbereich des § 17h EnWG zum Abschluss einer Versicherung durch die ÜNB auf internationale Offshore-Anbindungsleitungen. Wie auch die anderen Absätze verfolgt diese Vorschrift das Ziel, eine Gleichbehandlung mit den inländischen Fällen herzustellen.
Ausblick
Auch wenn die Entschädigungsregelungen für internationale Offshore-Anbindungsleitungen grundsätzlich zu begrüßen sind, bleibt Nachbesserungsbedarf bestehen. Einerseits sollte für hybride und radiale Projekte eine Netzanschlussverpflichtung gesetzlich geregelt werden. Andererseits bedarf das Offshore-Entschädigungsregime insgesamt einer grundlegenden Reformierung. Um Investitionssicherheit nicht nur auf Seiten der ÜNB, sondern gerade auch für Windparkbetreiber zu schaffen, muss zeitnah das Ausschreibungsdesign angepasst und durch die Einführung von Contracts for Difference (CfD) ergänzt werden. Zudem ist die seit 2012 bestehende Entschädigungsregelung des § 17e EnWG dringend zu reformieren. Dabei sollten insbesondere die finanziellen und zeitlichen Selbstbehalte abgeschafft werden, da sie aufgrund des technologischen Fortschritts ihre Bedeutung verloren haben.
Zudem stellen die Selbstbehalte einen deutschen Sonderweg dar, für den sich im Recht unserer europäischen Nachbarn keine vergleichbaren Regelungen finden. Vor allem im internationalen Vergleich droht eine Ungleichbehandlung von Windparkbetreibern. Um tatsächlich eine Gleichbehandlung von Windparkbetreibern in Bezug auf internationale Offshore-Projekte sicherzustellen, müsste wohl im Ergebnis eine Angleichung der Entschädigungsvorschriften erfolgen.
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