Einleitung
Die ökologische Transformation der öffentlichen Beschaffung eröffnet der öffentlichen Hand die Möglichkeit, ihre Beschaffungsprozesse zukunftsorientiert und nachhaltig auszurichten. Sie bietet die Chance, mit jedem Auftrag einen Beitrag zum Klimaschutz zu leisten, Innovationen zu fördern und langfristig tragfähige wirtschaftliche Strukturen zu unterstützen. Öffentliche Beschaffung kann so zu einem wirksamen Instrument werden, um ökologische und wirtschaftliche Ziele in Einklang zu bringen.
Dieser Prozess gelingt im engen Zusammenspiel mit unseren Märkten. Öffentliche Aufträge geben Unternehmen die notwendige Planungssicherheit, um in eigene Transformationsmaßnahmen zu investieren und ihre Produkte, Dienstleistungen und Prozesse an nachhaltigen Kriterien auszurichten. Damit entsteht ein partnerschaftlicher Ansatz, bei dem öffentliche Nachfrage und private Innovationskraft ineinandergreifen.
Voraussetzung für eine erfolgreiche Umsetzung ist ein klar strukturierter, transparenter und verlässlicher Ablauf. Die Transformation sollte – je nach Situation vor Ort und angesprochenem Markt – schrittweise erfolgen, um allen Beteiligten Orientierung zu geben und Vertrauen zu schaffen. Auf diese Weise kann eine Beschaffungskultur entstehen, die dauerhaft auf Dekarbonisierung, Klimaschutz und Nachhaltigkeit ausgerichtet ist und zugleich wirtschaftliche Stabilität gewährleistet.
Rechtliche Grundlagen und Möglichkeiten
Die öffentliche Hand ist verpflichtet, Klimaschutz, Generationengerechtigkeit, persönliche Freiheit und die Bewahrung unserer natürlichen Lebensgrundlagen zu sichern. Diese Ziele sind im Grundgesetz verankert und bilden den verbindlichen Rahmen für staatliches Handeln. Das Bundesverfassungsgericht hat im Jahr 2021 klargestellt, dass daraus konkrete Handlungspflichten auch für die öffentliche Beschaffung folgen. Die Klimaschutzgesetze des Bundes und der Länder konkretisieren diesen Auftrag. § 13 des Bundes-Klimaschutzgesetzes verpflichtet öffentliche Stellen des Bundes etwa, bei allen Planungen und Entscheidungen die Klimaschutzziele einzubeziehen, insbesondere bei Investitionen und Beschaffungen, die langfristige Wirkungen entfalten.
Die haushaltsrechtlichen Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit stehen diesem Ziel nicht entgegen, sondern ergänzen es. Wirtschaftlichkeit umfasst nicht nur den Anschaffungspreis, sondern auch die Folgekosten über die gesamte Nutzungsdauer.
Die Berücksichtigung von Lebenszykluskosten und CO₂-Schattenpreisen ist daher nicht nur zulässig, sondern geboten, um finanzielle und ökologische Auswirkungen realistisch abzubilden.
Auch das Vergaberecht bietet hierfür ein breites Spektrum an rechtssicheren Gestaltungsmöglichkeiten. Öffentliche Auftraggeber können ökologische Anforderungen in Leistungsbeschreibungen aufnehmen, Eignungskriterien entsprechend ausgestalten, Zuschlagskriterien auf Nachhaltigkeit ausrichten oder besondere Ausführungsbedingungen festlegen. Voraussetzung ist stets ein klarer Auftragsbezug sowie eine transparente und diskriminierungsfreie Ausgestaltung, sodass Klimaschutzziele und rechtliche Rahmenbedingungen in einer konsistenten Beschaffungsstrategie zusammenwirken.
Öffentliche Beschaffung als strategisches Steuerungs-
instrument und Projektumsetzung
Jeder öffentliche Auftraggeber – ob Gemeine, Stadt, Landkreis oder Land – verfügt über eine erhebliche wirtschaftliche Hebelwirkung. Mit ihrem jeweiligen Beschaffungsvolumen können sie Märkte aktiv gestalten, Innovationen fördern und damit entscheidend zur ökologischen Transformation beitragen. Eine strategische Ausrichtung der Beschaffung auf ökologische Ziele bedeutet, dass nicht nur einzelne Projekte klimafreundlich umgesetzt werden, sondern dass Nachhaltigkeit als durchgängiges Prinzip in allen Beschaffungsprozessen verankert wird. Davon profitieren insbesondere auch regionale Märkte, die durch verlässliche öffentliche Nachfrage die Chance erhalten, in eigene Transformationsmaßnahmen zu investieren und ihre Wettbewerbsfähigkeit zu stärken.
Damit dies gelingt, ist eine frühzeitige Einbindung des Marktes von zentraler Bedeutung. So können technische Entwicklungen erkannt, regionale Anbieter gezielt angesprochen und Unternehmen zu klimafreundlichen Lösungen motiviert werden. Markterkundungen und Marktdialoge helfen, Bedarfe präzise zu definieren und Leistungsbeschreibungen so zu gestalten, dass ökologische Kriterien von Beginn an berücksichtigt werden.
Eine erfolgreiche ökologische Beschaffung ist nicht allein eine juristische Aufgabe, sondern erfordert ein strukturiertes Projektmanagement, das rechtliche, technische und wirtschaftliche Aspekte miteinander verbindet. Ausgangspunkt ist die Analyse der rechtlichen Rahmenbedingungen, der bestehenden Beschaffungsprozesse und der Klimaschutzziele des jeweiligen Auftraggebers. Darauf aufbauend wird eine Strategie entwickelt, die Ziele, Prioritäten und Bewertungsmaßstäbe festlegt. Schulungen und Workshops sensibilisieren Entscheidungsträger und bauen die notwendigen Kompetenzen auf.
In der Begleitung konkreter Vergabeverfahren werden ökologische Kriterien in die Leistungsbeschreibung, die Eignungsanforderungen und die Zuschlagskriterien integriert. Richtlinien und Bausteinkataloge stellen sicher, dass die ökologische Beschaffungspraxis dauerhaft verankert wird. Digitale Werkzeuge und Mustervorlagen unterstützen eine transparente, rechtssichere und effiziente Umsetzung. Abschließend werden die Ergebnisse dokumentiert und ausgewertet, um den Erfolg messbar zu machen und Anreize für weitere Projekte zu schaffen.
Lebenszykluskosten und CO₂-Schatten-
preis in der Praxis
Lebenszykluskosten und CO₂-Schattenpreise können sowohl haushaltsrechtlich als auch vergaberechtlich berücksichtigt werden.
Lebenszykluskosten umfassen sämtliche Kosten, die während des gesamten Lebenszyklus einer Leistung oder eines Produkts entstehen – von Planung und Errichtung über Betrieb und Instandhaltung bis zum Rückbau. Sie machen langfristige finanzielle Belastungen sichtbar und ermöglichen eine fundierte Wirtschaftlichkeitsbewertung. Der CO₂-Schattenpreis dient der Internalisierung externer Klimakosten, die nicht im Marktpreis enthalten sind. Externe Kosten sind Kosten, die bei der Herstellung oder Nutzung eines Produkts oder einer Dienstleistung entstehen, aber nicht vom Verursacher selbst getragen werden, sondern von der Allgemeinheit oder Dritten. Grundlage ist das Global Warming Potential (GWP), das die Klimawirkung verschiedener Treibhausgase in CO₂-Äquivalenten angibt. Der Auftraggeber legt fest, für welche Leistungsbereiche diese Angaben erforderlich sind und stellt sicher, dass sie von den Bietern beeinflussbar sind. Anschließend wird ein Preis pro Tonne CO₂e festgelegt, der die Bedeutung des Klimaschutzes im Verfahren widerspiegelt. Der Wertungspreis ergibt sich aus der Summe von Angebotspreis beziehungsweise Lebenszykluskosten und den berechneten CO₂-Kosten; weitere qualitative Kriterien können ergänzend berücksichtigt werden.
Haushaltsrechtlich dienen beide Instrumente der Ermittlung der wirtschaftlichsten Lösung über die gesamte Nutzungsdauer und beeinflussen damit die Entscheidung, welcher Beschaffungsgegenstand gewählt wird. Der CO₂-Schattenpreis macht dabei externe Umweltkosten – also sichtbar und kann in Bedarfsanalysen und Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen einfließen, sodass klimafreundlichere Varianten als wirtschaftlicher bewertet werden. Vergaberechtlich können beide Größen als Zuschlagskriterium eingesetzt werden, wenn sie objektiv, transparent und für alle Bieter nachvollziehbar ausgestaltet sind. Während der Lebenszykluskostenansätze und CO₂-Schattenpreise im Haushaltsrecht als interne Steuerungsinstrumente dienen, wirken sie im Vergabeverfahren unmittelbar auf die Angebotswertung und sind geeignet, den Markt sanft zu lenken.
Ein Praxisbeispiel verdeutlicht dies: Eine Kommune plant den Neubau eines Verwaltungsgebäudes. Variante A ist konventionell, mit niedrigen Investitionskosten, aber hohem Energieverbrauch. Variante B ist energetisch optimiert, verursacht höhere Anfangskosten, senkt jedoch Betriebskosten und Emissionen deutlich. Die Lebenszykluskostenanalyse zeigt über 30 Jahre einen Kostenvorteil von 15 Prozent zugunsten von Variante B. Mit einem CO₂-Schattenpreis von 305 Euro pro Tonne ergibt sich ein zusätzlicher kalkulatorischer Vorteil von 122.000 Euro. Im Vergabeverfahren wird ein Zuschlagskriterium „Lebenszykluskosten einschließlich CO₂-Bewertung“ mit 40 Prozent Gewichtung eingeführt. Den Zuschlag erhält das Angebot mit den besten ökonomischen und ökologischen Kennzahlen über die gesamte Nutzungsdauer.
Strategische Perspektive und unser Beratungsangebot
Die ökologische Transformation der öffentlichen Beschaffung ist nicht nur rechtlich möglich, sondern strategisch geboten und praktisch umsetzbar. Lebenszykluskosten und CO₂-Bewertung sind dabei zentrale Hebel, um Projekte langfristig tragfähig und klimapolitisch kompatibel auszurichten. Sie ermöglichen es, ökologische Zielsetzungen mit wirtschaftlicher Vernunft zu verbinden und Investitionsentscheidungen generationengerecht zu gestalten.
Für öffentliche Auftraggeber bedeutet dies, ihre Bewertungs- und Entscheidungsprozesse weiterzuentwickeln und ökologische Kriterien systematisch in die Beschaffung zu integrieren.
Eine solche Transformation erfordert nicht nur juristische Expertise, sondern auch Erfahrung in der Projektsteuerung und ein tiefes Verständnis für die Schnittstellen zwischen Haushaltsrecht, Vergaberecht, Fördermittelrecht und technischer Umsetzung. Hier setzt unsere Arbeit an. Als eine der größten und erfahrensten vergaberechtlichen Einheiten in Deutschland begleiten wir öffentliche Auftraggeber von der strategischen Konzeption über die rechtssichere Umsetzung bis hin zur Verstetigung neuer Beschaffungsstandards. Wir verbinden fundiertes Fachwissen mit praxisnaher Beratung und übernehmen auf Wunsch auch die vollständige vergaberechtliche Projektsteuerung, einschließlich der Bereitstellung elektronischer Vergabeplattformen, der Einhaltung aller Dokumentationspflichten und der Berücksichtigung fördermittelrechtlicher Besonderheiten.
Unser Team verfügt über spezialisierte Expertise in allen relevanten Bereichen, von Hochbau, IT-Beschaffung und Sektorenaufträgen bis hin zu komplexen Infrastruktur- und ÖPP-Projekten. Wir arbeiten interdisziplinär mit Kolleginnen und Kollegen aus dem Gesellschafts-, Bau-, Planungs- und Umweltrecht zusammen und können so auch komplexe Vorhaben aus einer Hand betreuen. Unsere Erfahrung aus zahlreichen Projekten, unsere wissenschaftliche Publikationstätigkeit und unsere Rolle als Referenten bei bundesweiten Fachveranstaltungen sichern unseren Mandanten Beratung auf höchstem Niveau.
Unsere Leistungen im Überblick
- Strategische Beratung und Projektstrukturierung für ökologische Beschaffungsvorhaben
- Entwicklung und Implementierung rechtssicherer Bewertungsmodelle, einschließlich Lebenszykluskosten und CO₂-Schattenpreis
- Vollständige vergaberechtliche Projektsteuerung oder Übernahme als externe Vergabestelle
- Erstellung und Prüfung von Vergabeunterlagen, Vertragsentwürfen und Bewertungsmatrizen
- Begleitung von Markterkundungen und Marktdialogen sowie Stakeholder-Kommunikation
- Schulungen und Workshops für Entscheidungsträger und Projektteams
- Entwicklung von Richtlinien, Bausteinkatalogen, digitalen Tools und Mustervorlagen
- Beratung zu fördermittelrechtlichen Anforderungen und deren Integration in das Verfahren
- Unterstützung in Vergabenachprüfungsverfahren und bei der Lösung spezifischer Rechtsfragen
Für weitere Informationen stehen wir Ihnen jederzeit zur Verfügung – wir unterstützen und beraten Sie gern!
