[Köln, ] Der Ausgleich einer fremden Schuld kann auch dann unentgeltlich sein, wenn der Empfänger an den Zahlenden Leistungen erbracht hat, sich hierzu aber nur gegenüber seinem Schuldner verpflichtet hatte.
BGH, Urteil vom 17. 10. 2013 – IX ZR 10/13 = BeckRS 2013, 18784
Der Beklagte war als Arbeitnehmer bei einer Schwestergesellschaft der Schuldnerin, der W. W. GmbH (fortan: WW) beschäftigt. Im Februar und März 2007 erbrachte der Beklagte Arbeitsleistungen für die Schuldnerin. Diese zahlte an den Beklagten jeweils EUR 2.372,97 und gab dabei als Verwendungszweck "Gehalt 02 2007 WW" und "Gehalt 03 2007 WW" an. Der Insolvenzverwalter der Schuldnerin verlangt Rückgewähr der Zahlungen im Wege der Insolvenzanfechtung.
Bei der Beurteilung, ob eine Leistung des Schuldners unentgeltlich i.S.d. § 134 I InsO erfolgte, kommt es im Drei Personen-Verhältnis nicht entscheidend darauf an, ob der Leistende selbst einen Ausgleich erhalten hat; maßgeblich ist vielmehr, ob der Zuwendungsempfänger seinerseits eine Gegenleistung zu erbringen hat. Bezahlt der Leistende die gegen einen Dritten gerichtete Forderung des Zuwendungsempfängers, liegt dessen Gegenleistung in der Regel darin, dass er mit der Leistung eine werthaltige Forderung gegen diesen verliert. Ist hingegen die Forderung des Zuwendungsempfängers wertlos, verliert dieser wirtschaftlich nichts, was als Gegenleistung für die Zuwendung angesehen werden kann. In solchen Fällen ist die Tilgung einer fremden Schuld als unentgeltliche Leistung anfechtbar. Vorliegend hat die Schuldnerin den Vergütungsanspruch des Beklagten aus seinem Arbeitsvertrag mit der WW für die Monate Februar und März 2007 erfüllt und damit eine fremde Schuld getilgt. Der Beklagte, der seine Arbeitsleistung für die in Rede stehenden Monate im Wesentlichen schon erbracht hatte, hat diese Leistung unentgeltlich erlangt, wenn seine Lohnforderung gegen die WW wertlos war. Dies wäre der Fall, wenn die WW zum Zeitpunkt der Zahlungen der Schuldnerin zahlungsunfähig und deshalb insolvenzreif war. Die Entgeltlichkeit der Leistungen der Schuldnerin kann nicht damit begründet werden, dass der Beklagte gegenüber der Schuldnerin Arbeitsleistungen erbracht hat, die mit den in Rede stehenden Zahlungen vergütet werden sollten. Die Frage der Entgeltlichkeit ist im Zuwendungsverhältnis zwischen dem verfügenden Insolvenzschuldner und dem Leistungsempfänger zu beurteilen. In diesem Verhältnis bestand keine Verpflichtung der Schuldnerin zur Leistung an den Beklagten, welche jene als entgeltlich qualifizieren würde, und auch sonst keine Vereinbarung, nach der die Arbeitsleistungen des Beklagten ein Ausgleich für die Leistungen der Schuldnerin waren oder jedenfalls sein sollten. Nur im Verhältnis zur WW hatte der Beklagte sich damit einverstanden erklärt und dadurch die Verpflichtung übernommen, auf Weisung der WW Arbeitsleistungen auch an die Schuldnerin zu erbringen. Dementsprechend war auch nur die WW zur Lohnzahlung verpflichtet. Nur ihre Zahlungen bildeten das Entgelt für die Leistungen des Beklagten, gleichviel ob er sie gegenüber der WW oder gegenüber der Schuldnerin erbrachte. Allein der Umstand, dass der Beklagte vor den Zahlungen der Schuldnerin Arbeitsleistungen erbracht hatte, ist für die Frage der Entgeltlichkeit dieser Zahlungen ohne Bedeutung. Für Leistungen an den zahlenden Dritten und späteren Insolvenzschuldner gilt nichts anderes. Mangels einer im Zuwendungsverhältnis getroffenen Vereinbarung über eine ausgleichende Gegenleistung kann die Entgeltlichkeit nur danach beurteilt werden, ob zum Zeitpunkt der Zahlungen (§ 140 I InsO) eine werthaltige Forderung des Zahlungsempfängers gegen seinen Schuldner bestand, die infolge der Zahlungen des Insolvenzschuldners erlosch. Da Feststellungen hierzu nicht getroffen wurden, ist die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
Praxishinweis:
Der Entscheidung ist zuzustimmen. Der Senat hebt zu Recht hervor, dass die Frage der Entgeltlichkeit ausschließlich nach dem Zuwendungsverhältnis zwischen dem leistenden Schuldner und dem Empfänger zu beurteilen ist. Nachdem eine Leistungspflicht des Empfängers gegenüber dem Schuldner nicht bestand, kann es nur noch darauf ankommen, ob der Empfänger einen werthaltigen Anspruch gegenüber seinem eigenen Schuldner hatte. Dass er seinerseits bereits Leistungen erbracht hatte, ist insoweit ohne Belang.