Das Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz 2016 – Überblick über die wesentlichen Neuregelungen

10.12.2015

Einführung

Ab dem 1. Januar 2016 wird das derzeit geltende Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz (KWKG 2012) durch das neue KWKG 2016 ersetzt. Mittlerweile liegt die finale Version des KWKG 2016 vor: Der Bundestag hat am späten Abend des 3. Dezembers 2015 der Beschlussempfehlung des Bundestagsausschuss für Wirtschaft und Energie vom 2. Dezember 2015 (BT-Drs. 18/6910) zugestimmt. Dieser hatte den Gesetzesentwurf der Bundesregierung vom 19. Oktober 2015 (BT-Drs. 18/6419) noch einmal in wesentlichen Punkten abge­ändert. Dem Gesetzesentwurf der Bundesregierung waren zwei Referentenentwürfe des Bundes­wirtschaftsministeriums (BMWi) vom 31. August und vom 7. Juli 2015 vorangegangen.

Ziel der Reform ist eine Steigerung des Anteils des Stroms aus Kraft-Wärme-Kopplung und eine damit einhergehende Reduktion der Emissionen im Strom­sektor. Die Gesetzesreform soll der steigenden Anzahl an Stilllegungen von KWK-Anlagen und dem fehlenden Zuwachs neuer Anlagen entgegenwirken. Das beachtliche Potenzial der Kraft-Wärme-Kopplung für eine schadstoffarme Energiegewinnung soll unterstützt und gefördert werden. Dazu dient insbesondere ein neu strukturiertes und stark differenzierendes Förderungs­system. Dabei werden vor allem die Förderungs­bedingungen für Anlagen mit einer Leistung von bis zu 50 kWh verbessert. Zudem soll künftig auch für KWK-Anlagen der Grundsatz der verpflichtenden Direkt­vermarktung gelten. Um sichere Investitions­bedingungen zu schaffen, wird ein Vorbescheid inte­griert, der den Erhalt des jeweils geltenden Förder­niveaus befristet gewährleistet.

Dieses Legal Update soll einen Überblick über die wesentlichen Regelungen des KWKG 2016 geben, insbesondere über die Änderungen gegenüber dem vorherigen Gesetzesentwurf.

Ausbauziel

Das KWKG 2016 soll zu einer Erhöhung der Nettostromerzeugung aus KWK-Anlagen auf 110 TWh bis zum Jahr 2020 sowie auf 120 TWh bis zum Jahr 2025 führen. Das Ausbauziel wird nicht mehr wie im Gesetzesentwurf der Bundesregierung vorgesehen anteilig an der regelbaren Nettostromerzeugung definiert. Es war befürchtet worden, dass dieses Ausbauziel auch ohne einen weiteren Ausbau erreicht worden wäre, weil die regelbare Nettostromerzeugung mit der vorgesehenen Abschaltung von Kohle- und Atomkraftwerken und der Stilllegung von Gaskraftwerken zukünftig stark zurückgehen wird.

Förderungssystem

Förderungsstopp für Kohle-KWK-Anlagen

Neue KWK-Anlagen, die den Brennstoff Kohle verwenden, werden nicht mehr gefördert. Der Ausschluss soll eine Reduktion der Kohleverwendung und der dadurch freigesetzten Emissionen ermöglichen. Allerdings wird die Förderung von auf Basis von Steinkohle erzeugten KWK-Strom nicht mehr kategorisch ausgeschlossen. Die Bundesregierung kann gemäß § 33 Abs. 2 Nr. 3 durch eine Verordnung Zuschlagzahlungen für bestehende Steinkohle-KWK-Anlagen einführen.

Förderung von neuen, modernisierten und nachgerüsteten KWK-Anlagen

Eine Förderung nach dem KWKG 2016 erhalten Betreiber von neuen, modernisierten oder nachgerüsteten KWK-Anlagen. Die Förderung setzt u.a. grundsätzlich voraus, dass die KWK-Anlage Strom in ein Netz der allgemeinen Versorgung einspeist. Die Höhe der Förderung für solche Anlagen ist gegenüber dem KWKG 2012 deutlich erhöht worden. Zudem wurde eine neue Leistungklasse für Anlagen mit einer Leistung zwischen 50 und 100 kW eingeführt.

Die Förderung für KWK-Anlagen, die in ein Netz der allgemeinen Versorgung einspeisen, stellt sich nach dem KWKG 2016 wie folgt dar:

Für den Leistungsanteil von bis zu 50 kW erhält der Anlagenbetreiber einen Zuschlag in Höhe von 8 ct/kWh. Für den Leistungsanteil von mehr als 50 kW und bis zu 100 kW erhält der Anlagenbetreiber einen Zuschlag in Höhe von 6 ct/kWh. Für den Leistungsanteil von mehr als 100 kW von bis zu 250 kW erhält der Anlagenbetreiber einen Zuschlag in Höhe von 5 ct/kWh. Für den Leistungsanteil von mehr als 250 kW von bis zu 2 MW erhält der Anlagenbetreiber einen Zuschlag in Höhe von 4,4 ct/kWh. Für einen Leistungsanteil von mehr als 2 MW erhält der Anlagenbetreiber einen Zuschlag in Höhe von 3,1 ct/kWh.

Nicht in ein Netz der allgemeinen Versorgung eingespeister Strom wird nur noch in Ausnahmefällen gefördert. Dies gilt für KWK-Anlagen, die über eine elektrische Leistung von bis zu 100 kW verfügen, und Anlagen, die in stromkostenintensive Unternehmen eingesetzt werden. Auch Betreiber von Anlagen, die KWK-Strom an Letztverbraucher in einer Kundenanlage oder einem geschlossenen Verteilnetz liefern, werden gefördert, soweit für diesen KWK-Strom die volle EEG-Umlage entrichtet wird. Diese Ausnahme war im Gesetzesentwurf der Bundesregierung noch nicht vorgesehen und dürfte nicht nur für Industrieparkbetreiber, sondern auch für Contractoren bzw. Mieterstrommodelle interessant sein. Sie wirft allerdings die Frage auf, warum es bei solchen Lieferungen auf die Zahlung der vollen EEG-Umlage ankommen soll, während dieser Umstand für Lieferungen an Letztverbraucher in Netzen der allgemeinen Versorgung keine Rolle spielt.

Im Übrigen hat die grundsätzliche Beschränkung der Eigenstromförderung auch im parlamentarischen Verfahren keine Änderung mehr erfahren. Die Europäische Kommission hatte hingegen erst Mitte Juli im Rahmen ihrer Vorschläge für eine Energieunion die Stärkung der Eigenerzeugung zu ihrem ausdrücklichen Ziel erklärt.

 

Förderungsdauer

Eine neue KWK-Anlage mit einer elektrischen Leistung von bis zu 50 kW erhält den Zuschlag für 60.000 Vollbenutzungsstunden ab Aufnahme des Dauerbetriebs der Anlage. Der Förderzeitraum wurde im Vergleich zum vorherigen Gesetzesentwurf, der eine Förderung für 45.000 Vollbenutzungsstunden vorsah, noch einmal erhöht. Neue KWK-Anlagen mit einer elektrischen Leistung von mehr als 50 kW erhalten den Zuschlag für 30.000 Vollbenutzungsstunden ab Aufnahme des Dauerbetriebs der Anlage.

Modernisierte KWK-Anlagen haben einen Anspruch auf den Zuschlag ab Wiederaufnahme des Dauerbetriebs für

15.000 Vollbenutzungsstunden, wenn die Modernisierung frühestens fünf Jahre

nach der erstmaligen Aufnahme der Anlage oder nach der Wiederaufnahme des Dauerbetriebs der modernisierten Anlage erfolgt, 30.000 Vollbenutzungsstunden, wenn

die Kosten der Modernisierung mindestens 50% der Kosten einer  möglichen Neueinrichtung einer KWK-Anlage mit gleicher Leistung nach dem Stand der Technik betragen und die Modernisierung frühestens zehn Jahre nach der erstmaligen Aufnahme des Dauerbetriebs der Anlage oder nach der Wiederaufnahme des Dauerbetriebs einer bereits modernisierten Anlage erfolgt.

Hinsichtlich der Dauer der Förderung von nachgerüsteten KWK-Anlagen ergeben sich durch die Novelle keine Änderungen.

Bonusregelung

KWK-Anlagen, die bestehende Kohle-KWK-Anlagen ersetzen, erhalten einen Bonus in Höhe von 0,6 ct/kWh für den Leistungsanteil, der die elektrische KWK-Leistung der bestehenden KWK-Anlage ersetzt. Die alte Anlage muss nun nicht mehr bis spätestens 12 Monate nach Inbetriebnahme der neuen Anlage stillgelegt worden sein, sondern kann auch bis zu 12 Monate vorher stillgelegt werden.

Keine Förderung bei negativen Strompreisen

Der Zuschlagsanspruch ist gemäß § 7 Abs. 8 für den Zeitraum, in dem negative Strompreise bestehen, ausgeschlossen. Nach § 24 EEG 2014 verringert sich der anzulegende Wert nur dann, wenn die Börsenpreise an mindestens sechs aufeinanderfolgenden Stunden negativ sind. § 24 EEG 2014 geht derzeit noch ins Leere und wird erst zu einem späteren Ausbaustand der EE-Anlagen relevant werden. § 7 Abs. 7 KWKG 2016 wird hingegen ab dem 1. Januar 2016 seine Wirkung erzielen. Im Gegensatz zu vielen EEG-Anlagen sind KWK-Anlagen aber in der Lage, die Stromproduktion zu steuern. Durch die Ausschlussregelung sollen KWK-Anlagenbetreiber angehalten werden, den Strom bedarfsgerecht zu produzieren. Der in diesem Zeitraum erzeugte KWK-Strom wird nicht auf die Förderungsdauer angerechnet.

Förderung von Bestandsanlagen

Bestandsanlagen erhalten nur noch eine eingeschränkte und zeitlich befristete Förderung. Lediglich bestehende KWK-Anlagen, die gasförmige Brennstoffe verwenden und eine elektrische Leistung von mehr als 2 MW aufweisen, haben gegenüber dem Netzbetreiber einen Anspruch auf Zahlung eines Zuschlags, wenn der KWK-Strom ab dem 1. Januar 2016 und bis zum 31. Dezember 2019 in ein Netz der allgemeinen Versorgung eingespeist wird. Der Zuschlag beträgt 1,5 ct/kWh. Der Zuschlagsanspruch ist auf 16.000 Vollbenutzungsstunden begrenzt.  

Brennstoffzellen-Anlagen

Für KWK-Anlagen, die Brennstoffzellen verwenden, sind keine Sonderregelungen mehr vorgesehen. Diese Anlagen werden wie andere KWK-Anlagen behandelt.

Verpflichtende Direktvermarktung

Zukünftig müssen auch Betreiber von KWK-Anlagen ihren Strom direkt vermarkten oder selbst verbrauchen. Davon ausgenommen sind KWK-Anlagen mit einer elektrischen Leistung von bis zu 100 kW. Ihnen steht grundsätzlich ein Wahlrecht zu: Sie können ihren Strom selbst verbrauchen, direktvermarkten oder vom Netzbetreiber die kaufmännische Abnahme des erzeugten Stroms verlangen. Das Wahlrecht besteht auch, wenn die KWK-Anlage an eine Kundenanlage angeschlossen ist und der Strom mittels kaufmännisch-bilanzieller Weitergabe in ein Netz angeboten wird. Das Wahlrecht entfällt jedoch für KWK-Anlagen mit einer Leistung von mehr als 50 kW, wenn der Netzbetreiber nicht mehr zur Leistung des Zuschlages verpflichtet ist.

Vorbescheid

Vor Inbetriebnahme einer neuen KWK-Anlage oder eines Wärmenetzes sowie eines Wärmespeichers mit einem Volumen von ansatzfähigen Investitionskosten in Höhe von mehr als 5 Millionen Euro kann der Erlass eines Vorbescheides beantragt werden, der der Anlage das jeweils geltende Förderniveau für einen befristeten Zeitraum zusichert. Der Vorbescheid soll vor allem Investoren für die Phase von der Investitionsentscheidung bis zum Beginn der Inbetriebnahme der Anlage Planungssicherheit bieten. Der Vorbescheid kann nur für Anlagen mit einer Leistung von mehr als 10 MW beantragt werden.

Förderrahmen

Das neue KWKG 2016 gilt für KWK-Anlagen, die bis zum 31. Dezember 2022 in Dauerbetrieb genommen werden. Der Förderrahmen wurde damit gegenüber dem Gesetzesentwurf der Bundesregierung um zwei Jahre verlängert, wodurch Anlagenbetreibern ein höheres Maß an Planungssicherheit gegeben werden soll.

Umlagebelastung

Der Schwellenwert, ab dem eine reduzierte KWK-Umlage in Betracht kommt, wurde von 0,1 auf 1,0 GWh verzehnfacht. Zudem steigt der reduzierte Umlagebetrag für bestimmte Unternehmen des produzierenden Gewerbes um 20 % auf 0,03 ct/kWh.

Übergangsbestimmungen

Sofern eine KWK-Anlage bis zum 31. Dezember 2015 in Betrieb genommen wird, findet das geltende KWKG 2012 Anwendung. Bei einer Inbetriebnahme der KWK-Anlage im Jahre 2016 besteht die Möglichkeit, die Fördersätze des geltenden KWKG 2012 in Anspruch zu nehmen, wenn für die Anlage im Jahre 2015 eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung oder verbindliche Bestellung vorlag und die Anlage bis zum 31. Dezember 2016 in Dauerbetrieb genommen wird. Der vorherige Gesetzesentwurf sah für die Aufnahme des Dauerbetriebes noch eine kürzere Frist bis zum 30. Juni 2016 vor.

Wenn der Baubeginn einer Kohle-KWK-Anlage bis zum 31. Dezember 2015 erfolgt, können die Betreiber noch Zuschlagsansprüche nach dem geltenden KWKG 2012 geltend machen.

Zeitplan

Das KWKG 2016 wurde am 3. Dezember 2015 vom Bundestag verabschiedet und soll am 18. Dezember im Bundesrat behandelt werden. Das Gesetz tritt am 1. Januar 2016 in Kraft.

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