Begründung eines Anspruchs auf Sonderzahlung durch schlüssiges Verhalten des Arbeitgebers

15.10.2015

Entscheidung

Das BAG entschied in einem Urteil vom 13. Mai 2015 (Az.: 10 AZR 266/14) über die Begründung eines Anspruchs auf Gewährung einer Sonderzahlung durch schlüssiges Verhalten des Arbeitgebers.

Der Kläger war bei der Beklagten von Mai 1992 bis November 2010 ohne schriftlichen Arbeitsvertrag als Bauleiter beschäftigt. In den Jahren 2007 bis 2009 erhielt er jeweils eine mit der regulären Dezembervergütung gewährte, in der Gehaltsabrechnung als "Sonderzahlung" bezeichnete zusätzliche Leistung. Diese betrug im Jahr 2007 10.000,- €, in den Jahren 2008 und 2009 jeweils 12.500,- €. Der Kläger verlangte nun auch für das Jahr 2010 eine Sonderzahlung in Höhe von 12.500,- €. Das BAG gestand dem Kläger - entgegen den Vorinstanzen - einen Anspruch auf die Sonderzahlung auch für das Jahr 2010 der Sache nach zu. Hinsichtlich der Höhe der Sonderzahlung musste es die Sache an das LAG Sachsen-Anhalt zurückverwiesen.

Durch die Bezeichnung der jeweils im Januar erbrachten Leistung als "Sonderzahlung" in den jeweiligen Gehalts-abrechnungen, ihre dreimaligen vorbehaltlose Auszahlung jeweils zum Jahresende und ihre unterschiedliche Höhe habe der Kläger annehmen können, auch in den folgenden Kalenderjahren eine Sonderzahlung zu erhalten. Da die Beklagte die Sonderzahlung nicht an weitere Anforderungen an deren Gewährung geknüpft habe, sei davon auszugehen gewesen, dass die Sonderzahlung - auch - eine Vergütung von Arbeitsleistung darstelle. Der Anspruch auf die Gewährung der Sonderzahlung sei somit insbesondere nicht dadurch ausgeschlossen, dass der Kläger unterjährig aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschieden sei.

Gegen die Begründung des Anspruchs auf Gewährung der Sonderzahlung spreche auch nicht, dass sie in den Jahren 2007 bis 2009 in unterschiedlicher Höhe gezahlt worden sei. An diesem Punkt weicht der Senat von seiner früher vertretenen Auffassung ab. In seinem Urteil vom 28. Februar 1996 (Az.: 10 AZR 516/95) war er noch der Ansicht, die Gewährung jährlicher Zuwendungen in jeweils unterschiedlicher Höhe zeige, der Arbeitgeber wolle jedes Jahr neu "nach Gutdünken über die Zuwendung entscheiden.

Anmerkung für die Praxis

Durch diese Entscheidung wird erneut deutlich, wie schnell ein Arbeitgeber ungewollt dauerhaft zur Gewährung einer Sonderzahlung verpflichtet ist. Bereits in der bloßen wiederholten Gewährung einer zusätzlichen Leistung kann ein stillschweigendes verbindliches Angebot des Arbeitgebers zu erkennen sein. Dieses kann der Arbeitnehmer durch schlüssiges Verhalten, in der Regel die widerspruchslose Entgegennahme der Zahlung, annehmen.

Dies sollten Arbeitgeber vor der Gewährung von Sonderzahlungen im Blick haben. Die Formulierung rechtssicherer Klauseln ist wegen der Rechtsprechung des BAG aber nicht einfach. Auch in der hier besprochenen Entscheidung erinnerte das BAG daran, dass beispielsweise eine Klausel, nach der eine Sondervergütung freiwillig gezahlt werde und jederzeit widerruflich sei, intransparent und damit unwirksam ist. Das BAG argumentiert, eine Leistung, auf die kein Anspruch bestehe, könne nicht widerruflich sein; es könne aber nur etwas widerrufen werden, worauf ein Anspruch bestehe. Aufgrund solcher höchstrichterlichen Spitzfindigkeiten sollten sich Arbeitgeber vor Vereinbarungen von Sonderzahlungsklauseln oder der Gewährung von Sonderzahlungen ohne arbeitsvertragliche Regelung anwaltlich beraten lassen.

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