Backgroundchecks im Bewerbungsprozess

Köln, 17.06.2025

Anschreiben, Zeugnisse, Vorstellungsgespräch – alles wichtige Grundlagen für Entscheidungen im Bewerbungsverfahren. Immer häufiger stellt sich für Arbeitgeber jedoch die Frage, welche Informationen neben denen vom Bewerber zur Verfügung Gestellten noch zur Grundlage der Auswahlentscheidung gemacht werden dürfen.

Das Landesarbeitsgericht Düsseldorf hatte über die Zulässigkeit eines Backgroundchecks bei einem Bewerber zu entscheiden und sich mit der Frage auseinandergesetzt, ob eine Google-Recherche im Bewerbungsverfahren zulässig ist und einer Auswahlentscheidung zugrunde gelegt werden darf.

Im Ergebnis sieht das Landesarbeitsgericht Düsseldorf eine im Rahmen eines laufenden Bewerbungsverfahrens durchgeführte Google-Recherche als gerechtfertigte Datenverarbeitung gemäß Art. 6 Abs. 1 Satz 1 lit. b DSGVO, wenn ein konkreter Anlass dazu vorliegt. Arbeitgeber haben dabei zu beachten, dass ihnen in dem Fall einer nicht unmittelbar beim Bewerber erfolgten Datenerhebung und Verarbeitung der so erhobenen Daten gemäß Art. 14 Abs. 1 lit. d DSGVO eine Informationspflicht gegenüber dem Bewerber obliegt. Verletzt der Arbeitgeber diese Pflicht, steht dem Bewerber ein Anspruch auf Ersatz des immateriellen Schadens gemäß Art. 82 Abs. 1 DSGVO zu, da er dann keine Möglichkeit hatte, zu den vom Arbeitgeber gewonnenen zusätzlichen Informationen Stellung zu nehmen.

Diese Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf hat nunmehr auch das Bundesarbeitsgericht mit Urteil vom 5. Juni 2025 (8 AZR 117/24) ausdrücklich bestätigt.

Sachverhalt

Die Beklagte, eine staatliche Hochschule, hatte eine Stelle für einen Volljuristen ausgeschrieben. Die Tätigkeit umfasste insbesondere auch die Betreuung der AGG-Meldestelle der Universität. Der Kläger, selbstständiger Rechtsanwalt, bewarb sich bei der Beklagten und wurden neben zwei anderen Bewerbern zum Vorstellungsgespräch eingeladen. Nach den Gesprächen wurde jeweils ein Auswahlvermerk angefertigt. Im Auswahlvermerk des Klägers wurde festgehalten, dass sich aus öffentlich-zugänglichen Quellen ergebe, dass ein Strafverfahren gegen ihn anhängig sei und er, zwar noch nicht rechtskräftig, zu einer Bewährungsstrafe wegen gewerbsmäßigen Betruges verurteilt worden sei. Dem Kläger wurde im Rahmen des Strafverfahrens zur Last gelegt, mit fingierten Bewerbungen von Arbeitgebern Entschädigungen und Schadensersatz wegen Diskriminierung nach den Vorschriften des AGG verlangen zu können.

Über den Kläger existiert ein Wikipedia-Eintrag, der über das Strafverfahren Auskunft gab.

Entscheidungen des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf und des Bundesarbeitsgerichts

Das Landesarbeitsgericht Düsseldorf hat mit Urteil vom 10. April 2024 (12 Sa 1007/23) entschieden, dass dem Kläger kein materieller, aber ein immaterieller Schadensersatz gemäß Art 82 Abs. 1 DSGVO in Höhe von 1.000,00 Euro zusteht.

Die Kammer hat deutlich gemacht, dass es sich bei der Internetrecherche durch die Beklagte um eine Datenverarbeitung gemäß Art. 4 Nr. 2 DSGVO handelt, die – ohne Einwilligung des Klägers – gemäß Art. 6 Abs. 1 Satz 1 lit. b DSGVO zulässig ist. Art. 6 Abs. 1 Satz 1 lit. b. DSGVO erlaube eine Datenverarbeitung, die zur Durchführung vorvertraglicher Maßnahmen – hier die Vorbereitung und Anbahnung eines Arbeitsvertrages – erforderlich sind, die auf Anfrage – hier die Bewerbung – der betroffenen Person erfolgen. Die Erforderlichkeit ergebe sich vorliegend aus der Pflicht der Universität als öffentlicher Arbeitgeberin, gemäß Art. 33 Abs. 2 GG die Eignung der Bewerber festzustellen. Daher sei eine Google-Recherche nicht per se unzulässig.

Ob eine anlasslose Internetrecherche zur Person des Bewerbers zulässig ist, ließ die Kammer ausdrücklich offen. Denn im vorliegenden Fall habe es jedenfalls einen Anlass zu der weitergehenden Informationsbeschaffung gegeben: einem Mitglied der Auswahlkommission kam der Name des Klägers bekannt vor. Dies war nach Auffassung des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf auch ein ausreichender Anlass, eine weitergehende Recherche über den Kläger zu rechtfertigen.

Führt ein Arbeitgeber eine solche anlassbezogene Google-Recherche durch, ist er jedoch verpflichtet, den Bewerber über die Datenerhebung und insbesondere über die Kategorien der erhobenen Daten – hier das Strafverfahren – gemäß Art. 14 DSGVO zu informieren. Kommt der Arbeitgeber dieser Informationspflicht nicht nach und verwertet die erlangte Information im Stellenbesetzungsverfahren, steht dem Bewerber ein Entschädigungsanspruch gemäß Art. 82 Abs. 1 DSGVO zu.

Ausdrücklich abgelehnt hat das Landesarbeitsgericht ein Verwertungsverbot der Verurteilung durch das Strafgericht für die Beurteilung der Bewerbung, da die Internetrecherche als solche zulässig war und der Verstoß gegen die Informationspflicht kein solches Verbot begründe.

Das Bundearbeitsgericht hat im Rahmen der Revision die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf ausdrücklich bestätigt. Dem Kläger stehe ein Anspruch auf immateriellen Schadensersatz in Höhe von 1.000,00 Euro zu.

Hinweise für die Praxis

Die Entscheidungen zeigen, dass Arbeitgeber in einem Bewerbungsverfahren nicht ausschließlich auf Informationen angewiesen sind, die ein Bewerber von sich aus zur Verfügung stellt. Eigene – zulässige – Recherchen des Arbeitgebers setzen allerdings zum einen voraus, dass diese erforderlich sind, um die Eignung des Bewerbers zu überprüfen. Zudem müssen Anhaltspunkte vorliegen, die eine Informationsbeschaffung bei Dritten rechtfertigt.

Um Ersatzansprüche des Bewerbers gänzlich auszuschließen, müssen Arbeitgeber nach der Durchführung einer Internetrecherche sicherstellen, dass der Bewerber darüber so konkret wie möglich informiert wird, um sich ggf. dazu äußern zu können. Ob eine routinemäßige, d. h. ohne jeglichen Anlass durchgeführte Internetrecherche ebenso zulässig ist, bleibt weiterhin offen.

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