[] Eine im Arbeitsvertrag oder einem anwendbaren Tarifvertrag geregelte Ausschlussfrist erfasst auch den Anspruch auf Urlaubsabgeltung nach § 7 Abs. 4 BurlG (BAG – 9 AZR 352/10).
Sachverhalt
Das BAG hatte am 09. August 2011 zu entscheiden, ob Urlaubsabgeltungsansprüche, die wegen langandauernder krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit für mehrere Jahre geltend gemacht werden können, tariflichen Ausschlussfristen unterworfen sind. Die Klägerin war bei der Beklagten von Oktober 1975 bis zum 31. März 2008 als Krankenschwester in Teilzeit beschäftigt. Sie ist seit dem 19. Oktober 2006 durchgehend arbeitsunfähig erkrankt und bezieht seit Beendigung des Arbeitsverhältnisses eine unbefristete Rente wegen Erwerbsminderung. Mit Schreiben vom 25. Februar 2009 verlangte sie von der Beklagten, den ihr aus den Jahren 2007 und 2008 noch zustehenden Urlaub in Höhe von 1.613,62 Euro abzugelten. Nach § 37 Abs. 1 des auf das Arbeitsverhältnis anzuwendenden Tarifvertrags für den öffentlichen Dienst der Länder vom 12. Oktober 2006 (TV-L) verfallen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis unter anderem, wenn sie nicht innerhalb von sechs Monaten nach Fälligkeit von den Beschäftigten schriftlich geltend gemacht werden.
Entscheidung
Die auf die Abgeltung ihres gesetzlichen Mindesturlaubs beschränkte Revision der Klägerin hatte vor dem BAG keinen Erfolg. Gemäß § 7 Abs. 4 BUrlG ist der Urlaub abzugelten, wenn er wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht genommen werden kann. Im vorliegenden Fall verfielen die Urlaubsabgeltungsansprüche der Klägerin nach Auffassung des BAG wegen Versäumung der Ausschlussfrist des § 37 Abs. 1 TV-L. Der Anspruch auf Abgeltung des bestehenden Urlaubs entstehe auch bei über das Arbeitsverhältnis hinaus andauernder Arbeitsunfähigkeit gemäß § 7 Abs. 4 BUrlG mit Beendigung des Arbeitsverhältnisses und werde sofort fällig. Er sei nicht Surrogat des Urlaubsanspruchs, sondern reine Geldforderung und unterliege damit wie andere Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis einzel- und tarifvertraglichen Ausschlussfristen. Das gelte auch für die Abgeltung des nach § 13 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 3 Abs. 1 BUrlG unabdingbaren gesetzlichen Mindesturlaubs.
Anmerkung
In seiner bisherigen Rechtsprechung hatte das Bundesarbeitsgericht die Anwendbarkeit von Ausschlussfristen auf den Urlaubsabgeltungsanspruch abgelehnt. Es begründete dies mit der gesetzlichen Befristung des Urlaubsanspruchs, dessen Surrogat der Abgeltungsanspruch sei. Mit der vorliegenden Entscheidung ändert das BAG seine Rechtsprechung und trägt insoweit der „Schultz-Hoff-Entscheidung" des EuGH vom 20. Januar 2009 Rechnung, mit der der EuGH die bisherige Rechtsprechung des BAG zum Verfall von Urlaubsansprüchen bei fortdauernder Arbeitsunfähigkeit bis zum Ablauf des Übertragungszeitraums für europarechtswidrig erklärt hat. Mit dem Wegfall dieses besonderes „Zeitregimes" des Urlaubs- und Urlaubsabgeltungsanspruchs ist die Rechtfertigung der Sonderbehandlung eines urlaubsrechtlichen Geldanspruchs gegenüber anderen gesetzlichen Zahlungsansprüchen im Hinblick auf die Anwendung von Ausschlussfristen entkräftet mit der Folge, dass diese auch auf den Urlaubsabgeltungsanspruch Anwendung finden (LAG Düsseldorf, Urteil vom 23. April 2010 - 10 Sa 203/10).