Möglichkeit der Zurückweisung der Kündigung bei früher vorgelegter Vollmacht?

22.04.2016

[Köln, ] Das BAG hatte mit Urteil vom 24.09.2015 (Az.: 6 AZR 492/14) darüber zu entscheiden, ob eine Zurückweisung der Kündigung nach § 174 S. 1 BGB (wegen fehlender Vorlage einer dem Unterzeichner der Kündigung legitimierenden Vollmacht) im Falle einer bereits zuvor vorgelegten Vollmacht ausgeschlossen ist.

In dem der Entscheidung zugrundeliegenden Sachverhalt kündigte die Rechtsvorgängerin der Beklagten (Schuldnerin) vertreten durch ihren jetzigen Prozessbevollmächtigten das mit der Klägerin - einer angestellten Rechtsanwältin - bestehende Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 20.06.2012. Dem Kündigungsschreiben war eine Originalvollmacht beigefügt, die den Prozessbevollmächtigten zur Kündigung des Anstellungsverhältnisses mit der Klägerin sowie auch zu allen sonstigen Erklärungen, welche anlässlich der Kündigung des Anstellungsverhältnisses erforderlich werden, ermächtigte. Diese erste Kündigung war jedoch unwirksam. Daraufhin kündigte die Schuldnerin mit Schreiben vom 31.07.2012 das Arbeitsverhältnis über ihren Prozessbevollmächtigten erneut, wobei allerdings lediglich auf die bereits der ersten Kündigung beigelegte Originalvollmacht verwiesen wurde. Die Klägerin wies die Kündigung zurück.

Das BAG urteilte, dass die Zurückweisung der Kündigung nach § 174 S. 2 BGB ausgeschlossen war. Die Schuldnerin habe die Klägerin bereits mit der der ersten Kündigung beigefügten Originalvollmacht ausreichend i.S.v. § 174 S. 2 BGB davon in Kenntnis gesetzt, dass der Prozessbevollmächtigte auch für weitere Kündigungen bevollmächtigt sei. Grundsätzlich genüge es zwar für den Nachweis i.S.v. § 174 S. 1 BGB nicht, dass lediglich für ein früheres einseitiges Rechtgeschäft die erforderliche Vollmacht vorgelegt worden sei. Die Vorschrift des § 174 BGB schütze den Empfänger allerdings nicht davor, dass er der Mitteilung über die Vertretungsverhältnisse keinen Glauben schenkt. Bei derartigen Zweifeln über die Vertretungsmacht komme lediglich die Rüge nach § 180 BGB in Betracht. § 174 BGB bezwecke hingegen, dass der Empfänger keine Nachforschungen dahingehend anstellen müsse, welche Stellung der Erklärende hat und ob er für das Rechtsgeschäft bevollmächtigt ist. Da sich die mit der ersten Kündigung vorgelegte Vollmacht im vorliegenden Fall aus Sicht des Erklärungsempfängers auch auf spätere Folgekündigungen erstrecke, sei der Empfänger ausgehend vom Zweck des § 174 BGB von der Bevollmächtigung i. S. v. § 174 S. 2 BGB hinreichend in Kenntnis gesetzt.

Praxisrelevanz

Diese Entscheidung zeigt erneut, dass die Vorschrift des § 174 BGB in der Praxis eine erhebliche Bedeutung hat. Grundsätzlich ist - wie das BAG auch in der vorliegenden Entscheidung ausgeführt hat - bei jeder neuen Kündigung durch einen Bevollmächtigten die Vorlage einer Vollmachtsurkunde erforderlich (dies regelmäßig dann, wenn bspw. nicht der Geschäftsführer oder der Personalleiter, sondern etwa ein Mitarbeiter der Personalabteilung oder der Vertriebsleiter die Kündigung unterzeichnet). Andernfalls ist die Kündigung bei einer entsprechenden Zurückweisung unwirksam. Das BAG hat hier den Ausschluss der Zurückweisung nach § 174 S. 2 BGB lediglich deshalb bejahen können, weil die ursprüngliche Vollmacht sehr weit gefasst war. In der Praxis empfiehlt es sich dennoch, der erneuten Kündigung stets eine (neue) Vollmachtsurkunde beizulegen.

Im Falle des Ausspruchs einer Kündigung durch einen rechtsgeschäftlich Bevollmächtigten ist zudem immer zwingend die Originalvollmacht vorzulegen und nicht lediglich eine Fotokopie. Sofern die Kündigung allerdings durch einen organschaftlichen Vertreter (z.B. ein Geschäftsführer) ausgesprochen wird, findet die Vorschrift des § 174 S. 1 BGB keine Anwendung, wobei jedoch bei der GbR Besonderheiten gelten. Zu beachten ist schließlich, dass das Zurückweisungsrecht nach § 174 S. 2 BGB ausgeschlossen ist, wenn beispielsweise der Leiter der Personalabteilung die Kündigung ausspricht, da diese berufliche Stellung üblicherweise eine entsprechende Vollmacht beinhaltet.

Sollte es allerdings einmal zu einer Zurückweisung durch den Arbeitnehmer wegen des Fehlens einer Vollmachtsurkunde kommen, so ist diese nur wirksam, wenn die Zurückweisung  unverzüglich erfolgte. Das BAG geht dabei davon aus, dass die Zurückweisung nach mehr als einer Woche ab Kenntnis in der Regel nicht mehr unverzüglich ist. Schließlich ist zu beachten, dass auch die Zurückweisung durch einen Bevollmächtigten unwirksam ist, wenn dem Zurückweisungsschreiben keine Originalvollmacht beiliegt und diese wiederum seitens des Arbeitgebers zurückgewiesen wird.

 

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