[Köln, ] In seinem Urteil vom 26. Juli 2016 (BAG 26. Juli 2016 - 1 AZR 160/14) hat das Bundesarbeitsgericht die Rechtswidrigkeit des durch die Gewerkschaft der Flugsicherung (GdF) am Frankfurter Flughafen im Jahre 2012 initiierten Streiks festgestellt. Auf Grund einer Vielzahl durch den Streik ausgefallener Flüge stehen nunmehr Schadensersatzansprüche von ca. 5,2 Millionen Euro im Raum.
In dem Rechtsstreit standen sich die GdF und die Betreibergesellschaft des Frankfurter Flughafens (Fraport) gegenüber. Die Parteien hatten sich in der Vergangenheit auf einen Tarifvertrag geeinigt, der jedoch teilweise zum Ende des Jahres 2011 gekündigt wurde. Ein daraufhin eingeleitetes Schlichtungsverfahren endete mit einer Empfehlung, die nicht nur den gekündigten Teil des Tarifvertrages, sondern auch Ergänzungen des ungekündigten Teils umfasste. Den Streik zur Durchsetzung dieser Schlichterempfehlung erachtete das Bundesarbeitsgericht als rechtswidrig und bejahte grundsätzlich Schadensersatzansprüche, allerdings nur zugunsten von Fraport. Schadensersatzansprüche der Fluggesellschaften verneinte das Bundesarbeitsgericht hingegen.
Praxisrelevanz
Kern der Entscheidung ist der Verstoß der Gewerkschaft gegen die Friedenspflicht im Geltungsbereich eines Tarifvertrages. Tarifpartner haben sich während der Laufzeit eines Tarifvertrages Arbeitskampfmaßnahmen zu enthalten. Die Gewerkschaft hat durch ihren Streik gegen die Friedenspflicht verstoßen, da der Streik zur Durchsetzung der Schlichterempfehlung geführt wurde, die eben auch den ungekündigten Teil des Tarifvertrages betraf, für den die Friedenspflicht weiterhin galt.
Es entspricht ständiger Rechtsprechung, dass ein Streik als einheitliche Maßnahme zu betrachten ist und dass somit bereits eine rechtswidrige Forderung zur Rechtswidrigkeit des gesamten Streiks führt, frei nach dem Motto „Ein faules Ei verdirbt den Brei“. Eine Differenzierung unter Berücksichtigung der Wesentlichkeit der rechtswidrigen Forderung lässt das Bundesarbeitsgericht nicht zu, da sich diese kaum objektiv beurteilen lässt.
Überdies muss sich Fraport auch nicht entgegenhalten lassen, dass die Gewerkschaft den Streik auch ohne die der Friedenspflicht unterliegenden Forderungen geführt hätte (sog. rechtmäßiges Alternativverhalten). Dann hätte es sich nämlich, wie das Bundesarbeitsgericht zutreffend ausführt, auf Grund des anderen Kampfzieles um einen anderen Streik gehandelt. Würde man das Argument des rechtmäßigen Alternativverhaltens gelten lassen, würde man den Gewerkschaften einen Freibrief für (teilweise) rechtwidrige Arbeitskampfmaßnahmen geben.
Fazit
Auch wenn die Entscheidung auf Grund der beträchtlichen Schadensersatzsumme Wellen geschlagen hat, überrascht sie nicht. Das Bundesarbeitsgericht ist seiner Linie treu geblieben, dass bereits eine rechtswidrige Streikforderung, hier die die Friedenpflicht verletzende Forderung, deren Wesentlichkeit dahingestellt sei, die Rechtswidrigkeit des gesamten Streikes nach sich zieht und somit berechtigte Schadensersatzforderungen des Arbeitgebers auslöst. Die Entscheidung zeigt einmal mehr, dass dem im Grundgesetz verankerten Streikrecht feste Grenzen gesetzt sind. Sie wird Gewerkschaften sowohl auf Grund der im Raume stehenden Schadensersatzsumme als auch auf Grund der ausdrücklichen Ablehnung des bei Gewerkschaften beliebten Arguments des rechtmäßigen Alternativverhaltens in Zukunft von leichtfertigen bzw. unzureichend vorbereiteten Streikaufrufen abhalten.