Aufrechnung mit rückständigem Geschäftsführergehalt

25.02.2014

[Köln, ] Eine vor Insolvenzeröffnung bestehende Aufrechnungslage zwischen rückständigen Gehaltsansprüchen des Geschäftsführers und dem gegen ihn bestehenden Erstattungsanspruch aus § 64 S. 1 GmbHG ist nicht geschützt, wenn die Aufrechnungslage durch eine anfechtbare Rechtshandlung erworben wurde.

BGH, Urteil vom 19. 11. 2013 – II ZR 18/12 = BeckRS 2013, 21934

Über das Vermögen des Schuldners wurde auf Antrag vom 01.11.2010 am 10.12.2007 das Insolvenzverfahren eröffnet. Der Insolvenzverwalter nimmt den Beklagten, der bis zum 30.10.2007 Geschäftsführer der Schuldnerin war, auf Erstattung von Zahlungen der Schuldnerin im Zeitraum vom 01. bis 16.10.2007 i.H.v. EUR 13.729,22 in Anspruch, da die Schuldnerin zum 30.09.2007 zahlungsunfähig und überschuldet gewesen sei. Der Beklagte hat gegen die Klageforderung mit einem Teil seiner rückständigen Gehaltsforderungen aus Januar bis April 2007 aufgerechnet, die durch Urteil rechtskräftig als Insolvenzforderung gegenüber dem Kläger festgestellt worden sind. Die Klage hat Erfolg.

§ 94 InsO schützt grundsätzlich zugunsten eines Insolvenzgläubigers eine vor Verfahrenseröffnung bestehende Aufrechnungslage. Die vom Beklagten erklärte Aufrechnung ist hier gleichwohl unwirksam, weil zu seinen Lasten das Aufrechnungsverbot aus § 96 I Nr. 3 InsO eingreift. Danach ist eine Aufrechnung insolvenzrechtlich unwirksam, wenn ein Insolvenzgläubiger die Möglichkeit der Aufrechnung durch eine anfechtbare Rechtshandlung erlangt hat. Dies setzt voraus, dass die Aufrechnungslage in einer von §§ 130 ff. InsO beschriebenen Weise anfechtbar erworben worden ist. Der Beklagte hat die Aufrechnungslage durch die von ihm veranlassten Zahlungen in der Krise der Schuldnerin herbeigeführt. Diese (verbotenen) Zahlungen hatten eine Benachteiligung der Insolvenzgläubiger zur Folge, weil sie zu einem Anspruch der Schuldnerin gegen den Beklagten und damit zu der Möglichkeit der Aufrechnung führten, welche den Erstattungsanspruch aus § 64 GmbHG der Gesamtheit der Gläubiger entzog, während der Beklagte ohne die Aufrechnung nur eine Insolvenzforderung hätte geltend machen können. Die Herstellung der Aufrechnungslage durch den Beklagten führte zu einer inkongruenten Deckung, § 131 I Nr. 1 InsO. Der Beklagte hatte gegen die Schuldnerin keinen Anspruch auf eine Begründung gegenseitiger Forderungen.

Praxishinweis

Der Entscheidung ist zuzustimmen. Die insolvenzrechtlichen Aufrechnungsvorschriften schließen eine Aufrechnung aus, wenn die Aufrechnungslage anfechtbar erlangt wurde. Hierbei liegt regelmäßig ein Fall der Inkongruenz vor, wenn der Gläubiger keinen Anspruch auf die Herstellung der Aufrechnungslage hatte. Offen lassen konnte der Senat die Frage, ob bereits die Eigenart des Anspruchs aus § 64 S. 1 GmbHG zu einem Aufrechnungsausschluss führt. Hierfür spricht, dass Sinn und Zweck der Vorschrift gerade darin bestehen, das Vermögen der in Insolvenz gefallenen Gesellschaft im Interesse einer gleichmäßigen Befriedigung sämtlicher Insolvenzgläubiger wieder aufzufüllen.

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