Power Purchase Agreements am deutschen Strommarkt 2019

Berlin, 27.03.2019

PPA IM EE-BEREICH NEHMEN ALS GESCHÄFTSMODELL SONSTIGE DIREKTVERMARKTUNG FAHRT AUF

Power Purchase Agreements (PPA) werden in Deutschland zunehmend für die Erneuerbaren Energien (EE) angedacht und umgesetzt. Nachdem im vergangenen Jahr der norwegische Energieversorger Statkraft mit dem ersten deutschen PPA über Erneuerbare Energien Schlagzeilen machte und weitere Versorger wie Greenpeace Energy und Quadra Energy folgten, zeigt sich 2019 ein deutlicher und vielfältiger Anstieg von PPA über EE. Dies hat handfeste Gründe:

Allein in den folgenden zwei Jahren – 2020 und 2021 – werden nach ‚Angaben der Fachagentur Wind Windenergieanlagen mit einer Leistung von insgesamt fast 6.600 MW durch Ablauf der zwanzigjährigen Förderung aus dem EEG-Vergütungsregime fallen. Folgerichtig bemühen sich Betreiber von (Bestands-)Windenergieanlagen oder Beteiligte des Strommarktes schon jetzt, die Vermarktung der von diesen Anlagen auch in den Folgejahren voraussichtlich erzeugten Energie auch zukünftig erfolgreich abzubilden. Geförderte Photovoltaikanlagen trifft ein Post-EEG Szenario zeitlich verzögert – hier steigt die Zahl der aus der Förderung fallenden Anlagen erst später – im Ergebnis aber ebenso. Jedenfalls werden schon 2021 und 2022 Betreiber von über 34.000 EE-Anlagen (Pisula, e|m|w, 01/2019, S. 25) eine Vorstellung davon haben müssen, wie es mit den Anlagen kaufmännisch weitergeht.

Das Bild wird abgerundet um erste EE-Anlagenkonfigurationen, die sich an der Ausschreibung mit einer Null Cent Förderung beteiligen (Offshore Windauktion 2018) oder große Photovoltaikfreiflächen ohne Ausschreibungshintergrund planen. Die Entwicklung ist – im internationalen Vergleich – nicht neu, sondern geübte Praxis. Auch anderswo – so in den USA – entwickeln und betreiben Stromversorgungsunternehmen selbst EE-Anlagen. Deutschland lebt diesen Trend nun auch.

Sogar der EU-Richtliniengeber geht mit und hat für sich den Begriff des PPA definiert. Ein „Vertrag über den Bezug von elektrischem Strom“ ist nach Art. 2 Nr. 17 der RL (EU) 2018/2001 (EE-Richtlinie) definiert als „Vertrag, bei dem sich eine natürliche oder juristische Person bereit erklärt, unmittelbar von einem Elektrizitätsproduzenten erneuerbare Elektrizität zu beziehen.“

Schließlich als Tempogeber nicht zu vernachlässigen ist die wachsende Nachfrage nach einer CO2-freien Stromversorgung bei Industrieunternehmen.

PHYSISCHE VS. VIRTUELLE PPA

Wesentlich schwieriger ist eine Wichtung einzelner Vertragstypen von PPA. Die Beteiligten eines solchen Vertrags und deren Stellung im Marktgeschehen (Erzeuger, Abnehmer) bestimmen wesentlich und individuell Inhalt und Umfang des jeweiligen Vertrages. Zudem geben die bereits vielfach beschriebenen Differenzierungen zwischen einem Corporate PPA (bei dem der Stromerzeuger mit einem Endabnehmer kontrahiert) oder einem Utility PPA, bei denen der Erzeuger den Strom an einen Stromversorger abgibt, weitere Regelungsvielfalt.

Auch wenn die vielfältigen Motive für einen PPA auch für Verträge über physische Lieferungen gelten, haben diese die reale Vertragswelt bisher nicht erreicht. Virtuelle PPA´s mit Preisfixierung am deutschen Markt werden bisher in Deutschland nicht gelebt. Bei diesen Verträgen erfolgt überhaupt keine physische Stromlieferung des Stromerzeugers an den Abnehmer. Es handelt sich hier um einen sog. Differenzkontrakt („contract for difference“). Der Abnehmer bekommt für den Vertragszeitraum einen gewissen Strompreis zugesichert und kann so besser planen. Im Gegenzug trägt er das Risiko, trotz niedrigerer Marktpreise den vereinbarten Preis zahlen zu müssen. Achtung: Solche Verträge unterliegen (jedenfalls derzeit) der Aufsicht der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BAFin).

Der Verkauf von Herkunftsnachweisen zu einem langfristig vorbestimmten Preis hingegen entwickelt sich zum Geschäftsmodell. Nach deutschen Recht werden Anlagenbetreibern keine Herkunftsnachweise für Strom ausgestellt, für den eine Zahlung nach dem EEG in Anspruch genommen wird, vgl. § 79 Abs. 1 Nr. 1 EEG 2017. Mit einem PPA kann der ungeförderte Strom mittels Herkunftsnachweis vermarktet werden.

ENERGIERECHTLICHE EINORDNUNG POST-EEG

Anlagen, die aus der EEG-Förderung laufen (Post-EEG-Anlagen), bleiben EE-Anlagen.

§ 3 Nr. 2 EEG 2017 definiert den Anlagenbetreiber als denjenigen, der unabhängig vom Eigentum die Anlage für die Erzeugung von Strom aus erneuerbaren Energien oder aus Grubengas nutzt. Anlage ist dabei jede Einrichtung zur Erzeugung von Strom aus erneuerbaren Energien oder Grubengas (§ 3 Nr. 1 EEG 2017). An dieser rechtlichen Bewertung ändert sich nichts.

Ebenso liegt unverändert eine Erzeugungsanlage i. S. d. § 3 Nr. 18c EnWG vor, insbesondere zu Fragen des Netzanschlusses (§§ 17, 18 EnWG) ergeben sich mithin keine Änderungen.

RECHTE UND PFLICHTEN POST-EEG AUS BETREIBERSICHT

Auch der Einspeisevorrang für erneuerbare Energien, der sich aus § 11 Abs. 1 Satz 1 EEG 2017 ergibt, bleibt erhalten. Mit dem dann förderungsunabhängigen Vertrieb geht der typische Anlagenbetreiber – bei Weiterbetrieb - in die sonstige Direktvermarktung gemäß § 21a EEG 2017. Dafür gelten die Vorschriften für das Verfahren des Wechsels zwischen den Veräußerungsformen (§§ 21b, 21c EEG 2017). Ein PPA als Stromliefervertrag fällt – soweit die derzeitige Einschätzung – unter die EEG-Veräußerungsform der sonstigen Direktvermarktung.

Bei einem PPA bedarf es mithin – soweit nach Vertragsstruktur einschlägig – der fristgerechten vorherigen Mitteilung an den Netzbetreiber; der Wechsel ist sodann zum Monatsersten möglich. Der Anlagenbetreiber ist nach § 21c Abs. 2 Nr. 2 EEG 2017 zur Mitteilung des Bilanzkreises, in den der Strom eingespeist wird, verpflichtet und hat nach § 21b Abs. 3 EEG 2017 für eine Messung im ¼-Stundentakt und die Bilanzierung Sorge zu tragen. Bei einem On-site PPA, bei dem Anlagenbetreiber und Stromabnehmer direkt und ohne öffentliches Netz miteinander verbunden sind, gilt dies nicht.

Hinsichtlich des Einspeisemanagements gelten die Vorgaben aus § 9 Abs. 1, Abs. 2 EEG 2017(sog. Einspeisemanagement-Ertüchtigung – Einsman). Unterlässt der Anlagenbetreiber eine solche – soweit offen – Ertüchtigung und/oder die Messung/Bilanzierung nach § 21 Abs. 3 EEG 2017, sieht § 52 Abs. 4 EEG 2017 als Sanktion den Verlust des Einspeisevorrangs, „solange“ ein solcher Verstoß anhält. In diesem Zeitraum gilt der allgemeinere § 13 Abs. 2 EnWG und damit eine entschädigungslose Abregelung der Anlage.

Jede in das Netz eingespeiste Kilowattstunde muss einem Bilanzkreis zugeordnet sein, § 4 Abs. 3 S. 1StromNZV. Eine Bilanzierung ist sowohl im Rahmen von Off-site PPA notwendig und wird bei On-site PPA notwendig, wenn bei On-site Direktlieferungen ohne Vollabnahmeverpflichtung des Vertragspartners Überschüsse eingespeist werden.

Während diese vorbeschriebenen Rechte und Pflichten nicht an das Förderende geknüpft sind, entfällt der Anspruch auf kaufmännische Abnahme nach § 11 Abs. 1 Satz 2 EEG 2017 und macht die sonstige Direktvermarktung als veräußerungsform erforderlich.

Zusammenfassend gilt: Vorschriften des EEG, die nicht an den Förderanspruch knüpfen, bleiben anwendbar. Nach Förderende ist die ordnungsgemäße Fortführung der Einspeisung sicherzustellen, wenn eine solche kaufmännisch gewollt und sinnvoll ist.

RECHTE UND PFLICHTEN NEUANLAGEN EEG AUS BETREIBERSICHT

Die kaufmännische Situation für EE-Neuanlagen ist mit dem Zwang, dem mit Förderende erlöschenden Anspruch auf kaufmännische Abnahme auf einspeisevergüteten Strom in den EEG-Bilanzkreis zu begegnen, nicht vergleichbar. Neue EE-Anlagen sind unter dem EEG 2017 weiter förderfähig. Die zuletzt in den Ausschreibungen erzielten Ergebnisse lassen nicht zwingend für Wind an Land und Photovoltaik erwarten, dass statt einer (geförderten) Direktvermarktung die ungeförderte sonstige Direktvermarktung gewählt wird. (Nur) große Stromversorger legen dies derzeit im Bereich Offshore Wind und Photovoltaik Freifläche an.

Für EE-Neuanlagen gilt das EEG 2017 wie zuvor beschrieben und der vollen Bandbereite der EEG-Veräußerungsformen (insbesondere also der Direktvermarktung mit Marktprämie).

VERTRAGSRECHTLICHE ASPEKTE

Ein PPA ist ein Stromlieferungsvertrag und unterfällt den Regeln des Kaufrechts, §§ 433 ff. BGB. Das allgemeine Vertragsrecht (§§ 311 ff. BGB) findet Anwendung, ebenso ggf. das Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen §§ 305 ff. BGB.

Wie bei Stromlieferverträgen anderer Erzeugungsträger auch sind beim Corporate PPA Lieferumfang, Preis/ Preismodell, Vertragsbeginn und -laufzeit zu regeln. Regelmäßiger Vertragsinhalt werden zudem Sicherheiten (z. Bsp. Belieferungs- und Stromentgelt-Reallasten, Bankbürgschaften, dingliche Vorkaufsrechte und ggf. Sicherheitsübereignungen und -abtretungen, Unterlassungsdienstbarkeiten).

Hinzu kommen Abreden zu geplanten und ungeplanten Erzeugungsunterbrechungen, zur Beschaffenheit der Wetterprognosen und zu Mess-, Dokumentations- und Meldepflichten hinsichtlich der Anlagendaten.

Die Preisregelungen sind abhängig von der Auswahl der Vergütungsmodelle (verbrauchsmengenunabhängiger Festpreis, klassisches Arbeits- und Leistungspreismodell oder komplexe und gleitende Modelle mit Ausgleichszahlungen). Hier wird der Markt sicher viel kaufmännische Kreativität zeigen. Auch für ein PPA gilt § 315 BGB, wonach bei einseitigen vertraglichen Leistungsbestimmungsrechten die Leistung im Zweifel nach billigem Ermessen zu bestimmen und im Falle eines Rechtsstreits diese Ermessensentscheidung zivilgerichtlich nachprüfbar und im Falle offenbarer Unbilligkeit sogar ersetzbar ist (§ 319 Abs. 1 BGB). Gleitklauseln unterliegen dem Preisklauselgesetz (PKlG).

Der Vertragsbeginn wird mögliche Verzögerungen ggf. einzuhaltender bauvertraglicher Termine (bei Neuanlagen, aber auch bei Nachrüstungen), der technischen Inbetriebnahme und der kommerziellen Inbetriebnahme unterscheiden. Es empfiehlt sich eine konkrete begriffliche Darstellung und die Regelung der Folgen sowohl von Verzögerungen der Inbetriebnahme als auch von Abnahmeverzögerungen.

Der Vertrag muss auch die energierechtlichen Rechte und Pflichten – Energielogistik-Services und die bilanzielle Versorgung) abbilden.

Abgesehen von den technischen Anforderungen und Mitteilungs- und Dokumentationspflichten dürften die Grünstromeigenschaft des verwendeten Stroms für den Stromabnehmer aus Marketing-Gesichtspunkten (Stichworte first mover; green economy) und aufgrund von etwaiger Fördermittelvorgaben eine große Rolle spielt und „ökologische Beschaffenheitsvereinbarungen“ verabredet werden.

Ein Abnehmer kann ein erhebliches Interesse daran haben, aus der nichtgeförderten sonstigen Direktvermarktung einzukaufen, um seinerseits Vorgaben etwa aus dem EnEG/der EnEV und dem EEWärmeG, aus Fördermittelprogrammen von Bund und Ländern einzuhalten oder einen belegbaren Beitrag zur Verringerung der CO2-Emissionen zu leisten.

FAZIT

Corporate PPA im EE-Bereich entwickeln sich zu einer zukunftsträchtigen und kreativen Vermarktungsform von grünem Strom. Die Umsetzung der Regelungsziele der Parteien in eine individuelle Vertragsgestaltung eines PPA erfordert energie- bzw. regulierungsrechtliche Komponenten.

Die Vermarktungszwänge für nicht geförderte EE-Anlagen und deren Tauglichkeit für Abbildung von Umweltzielen werden die kaufmännische Abnahme über PPA-Debatte weiter befördern.

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